Europa: USA suchen dritten Standort für Raketenschild

(c) EPA (Inter Services Public Relations)
  • Drucken

Vermutlich in der Türkei soll ein mobiles Radar installiert werden. Verhandlungen sollen beim Nato-Treffen beginnen.

Washington. Mit dem Aufbau des umstrittenen Raketenschilds in Polen und Tschechien scheint es nicht getan zu sein. Die USA suchen einen weiteren Standort in Europa für ihre vor allem gegen Iran gerichtete Raketenabwehr.

Die „Missile Defense Agency“ (MDA) will eine mobile, hochauflösende Radaranlage in einem näher am Iran gelegenen Land errichten. Genannt wird die Türkei. Mit der Einrichtung können Raketen mit großer Genauigkeit und Klarheit verfolgt und angeblich auch echte Sprengköpfe von Attrappen unterschieden werden. Bisher haben die USA nur ein solches mobiles X-Radar in Kalifornien in Verwendung.

Verhandlungen bei Nato-Gipfel

Die Suche nach einem dritten Standort für die Raketenabwehr in Europa wollte der für Internationale Sicherheit zuständige Staatssekretär im US-Außenamt, John Rood, vor Auslandsjournalisten nicht bestätigen. Derzeit plane man keine Verhandlungen mit anderen Ländern, erklärte Rood in der Nacht auf Mittwoch in Washington.

Der Staatssekretär gestand aber ein, dass die in Polen und Tschechien geplante Anlage nicht in der Lage sei, „alle Alliierten zu schützen“. Betroffen wären bei Angriffen aus dem Iran Griechenland, Bulgarien, Rumänien und die Türkei. Man werde beim Nato-Gipfel in Bukarest im April darüber sprechen, „wie man mit dieser Bedrohung umgeht“.

Konkret geht es um die Kurz- und Mittelstrecken, die von der geplanten Langstrecken-Abwehr in Polen nicht erfasst werden. Die Nato arbeitet an einem entsprechenden System, das in das US-System integriert werden könnte.

Beim Nato-Treffen glaubt der Staatssekretär auch, letzte Vorbehalte gegen das viel kritisierte amerikanische Raketenschild ausräumen zu können. Man werde sehen, dass sich die Alliierten über die Bedrohungen einig seien und auch darüber, dass man sich mit diesen Bedrohungen beschäftigen müsse.

Militärhilfe für Polen

Insgesamt zeigte sich Rood, was den Aufbau des Raketenschilds betrifft, zuversichtlich. Auf die starken Vorbehalte Russlands hin habe man einzigartige Informationen mit Moskau ausgetauscht und gezeigt, dass die Anlage nicht in der Lage sei, Russlands Raketen zu trotzen. Gerüchte, wonach Außenministerin Condoleezza Rice und Verteidigungsminister Robert Gates noch in diesem Monat zu Schlussgesprächen nach Moskau reisen, wollte er nicht kommentieren.

Mit Polen und Tschechien scheint eine Einigung knapp bevorzustehen. Bei einem Besuch des polnischen Premiers Donald Tusk in Washington Anfang der Woche wurden offenbar letzte Hindernisse ausgeräumt. US-Präsident George Bush gab der Forderung nach, Polen im Gegenzug zur Stationierung von zehn Abwehrraketen bei der Modernisierung des Militärs zu helfen.

Tusk sprach von einem „Durchbruch“ und davon, dass man mit den USA „in allen Bereichen der globalen Sicherheit“ zusammenarbeiten werde.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.03.2008)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.