Schwächelnde Sonne bringt Europa bitter kalte Winter

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Oft war der Rhein in den letzten 230 Jahren dann zugefroren, wenn die Sonne wenige oder gar keine Flecken hatte.

Bestimmt die Sonne unser Klima mit? Natürlich tut sie das, aus Gründen der Himmelsmechanik, die Erde hat nicht immer den gleichen Abstand zu ihr, die Erdachse ist nicht immer gleich geneigt. Das läuft in großen Zyklen – lässt etwa die Eiszeiten kommen und gehen –, niemand hat Zweifel daran. Hart umstritten ist hingegen, ob die Sonne das Klima auch über ihre schwankende Aktivität beeinflusst, einmal hat sie viele Flecken, einmal wenige, auch das pendelt. Und das weckte bei dem britischen Astronomen William Herschel einen Verdacht: Die Temperatur auf der Erde könnte von der Sonnenaktivität abhängen.

Die hatte er selbst dokumentiert. Aber wo sollte er die Temperaturen hernehmen? Zu seinen Lebzeiten (1738–1822) wurde nicht systematisch gemessen, 1801 fand sich die Lösung: „Wenn man die Tabelle der Weizenpreise in Windsor auswertet, die in Dr. Adam Smiths verdienstvollem ,Inquiry into the Nature and Causes of Wealth of Nations‘ aufgeführt ist, dann scheint es wahrscheinlich, dass die Zeiten hoher Preise die waren, in denen die Sonne wenig fruchtbares Licht und Hitze ausstrahlte.“

Eisläuferlangstrecke nur alle elf Jahre

Damit stieß Herschel auf Spott, aber die Idee mit den Sonnenflecken war in der Welt, sie kam immer wieder, hat heute bei Erwärmungsskeptikern Konjunktur. Manches spricht dafür – im Maunderminimum (1645–1715) hatte die Sonne fast keine Aktivität, in Europa war es kalt –, manches dagegen, auch in den letzten Jahren war die Sonne inaktiv, kühler wurde es nicht. Allerdings waren die beiden letzten Winter in Europa eisig kalt. Das ist selten, Geowissenschaftler Frank Sirocko (Mainz) weiß es von seinem Hobby, einem Eislauf-Langstreckenrennen in den Niederlanden: „Das kann nur alle zehn, elf Jahre stattfinden, weil nur dann die Flüsse genügend zugefroren sind.“

Zehn, elf Jahre? Das ist der Rhythmus der Sonne! Nun braucht es nur noch ein Klimaarchiv. Sirocko fand es im Rhein bzw. den Aufzeichnungen darüber, wann er bei Mainz völlig zugefroren war. Buch geführt wird von den Hafenbehörden seit 1780, 14-mal war der Rhein zu, zehnmal zu einer Zeit fehlender Sonnenflecken: „Schwache Sonnenaktivität korreliert mit extrem kalten Wintern in Europa“, schließt der Forscher (Geophysical Research Letters, 23.8.): „Das ist heute noch so, aber die Durchschnittstemperaturen im Winter sind gestiegen“, zu war der Rhein zuletzt 1963.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.08.2012)

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