Bauern demonstrieren gegen „Grauslichkeiten am Milchmarkt“

DEMONSTRATION IG MILCH
DEMONSTRATION IG MILCHAPA/GEORG HOCHMUTH
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Der niedrige Milchpreise schaffen Existenzängste bei den Bauern, die nach einer bedarfsorientierten Milchmengensteuerung rufen.

Die Bauernmilchpreise sind seit dem Aus der EU-Milchquote vor einem Jahr eingebrochen. Heute haben Milchbauern, die sich um ihre Existenz sorgen, vor dem Haus der EU in der Wiener Innenstadt mit ohrenbetäubenden Lärm gegen eine aus ihrer Sicht falsche Agrarpolitik demonstriert. Milchbauern bekommen derzeit rund 27 Cent pro Liter für konventionelle Milch und rund 40 Cent für Biomilch. Zum Überleben notwendig sind, wie es an Ort und Stelle von mehreren Milchbauern hieß, "mindestens 47 Cent".

Milchpreis im Keller - Wiederholung
Milchpreis im Keller - Wiederholung(c) APA

Derzeit laufe vieles falsch, sagte ein Bauer, der netto acht Stunden lang mit seinem Traktor aus dem oberösterreichischen Mühlviertel in die Bundeshauptstadt getuckert war und die Weltreise der Milch anschaulich erklärte. Es gebe eine "politisch gewollte Überproduktion in der EU". Nur die Politik, auch die heimische, würde das nicht offen sagen. Zusammengefasst würden in den großen EU-Milchländern Leistungsmilchkühe mit Gen-Soja aus Südamerika gefüttert, um schlussendlich so viel Milch zu erzeugen, dass Milchpulver bis nach Indien exportiert werde - wo die ansässigen Milchbauern ebenso sterben würden, da sie auch preislich unterboten würden.

"Exportstützen machen keinen Sinn"

Ähnlich argumentierte der Obmann der Demo-Veranstalterin IG-Milch, Ewald Grünzweil, der viele "Grauslichkeiten am Milchmarkt" ortet. Es brauche kein Geld für neue Exportstützen, in der die Politik ein Heilmittel sehe. Das Gegenteil sei der Fall: Solche Förderungen würde die Überproduktion nur weiter steigern. "Geld für Exportstützen macht keinen Sinn." Steuergeld dafür einzusetzen, dass nicht nur der heimische sondern auch der ausländische Markt zerstört werde gehe - "das kann keiner wollen, das ist krank und gehört den Politikern gesagt".

Kernforderung an die EU ist, dass keine weiteren Gelder für den Export oder die Milcheinlagerung verwendet werden sollen. Der leitende Mitarbeiter der Kommissionsvertretung in Wien, Wolfgang Bogensberger, sagte, dass die EU ihr möglichstes tue, um eine Preisstabilität zu erreichen. Kurzfristig kaufe die EU aktuell auch um 30 Mio. Euro Milch, um diese für Syrien zur Verfügung zu stellen.

Vorbild aus OÖ

Eigentlich sprachen sich alle Bauern für eine Mengensteuerung auf Produktionsebene auf. Einer lobte beispielsweise jene Mengensteuerung, wie sie kürzlich von der Gmundner Milch eingeführt wurde.

DEMONSTRATION IG MILCH
DEMONSTRATION IG MILCHAPA/GEORG HOCHMUTH

Die Landwirtschaftskammer vertrete nicht die Interessen der kleinen Bauern von Raiffeisen, hieß es auf einem Plakat beispielsweise. Auch Agrarminister Andrä Rupprechter (ÖVP) stieg auf einigen nicht unbedingt gut aus. Auf einem stand auch "Mengenbegrenzung statt Exportträumereien des Bauernbundes".

Kleinere Milchbauern im Nachteil

Während große Milchproduzenten mit dem Aus der Milchquote beispielsweise in Irland oder den Niederlanden damit umgehen können, tut sich die kleinstrukturierte heimische Landwirtschaft sehr schwer damit. Die Preisspirale nach unten dreht sich nicht zuletzt deswegen, weil Bauern die ihren Umsatz stabil halten wollen, mehr anliefern.

Die EU hat bereits ein 500 Mio. Euro schweres Hilfspaket geschnürt - davon 7 Mio. Euro für Österreich, das eigenständig aufdoppelte -, doch das scheint bisher die Situation bei den Landwirten nicht ausreichend zu lindern. Sowohl Agrarminister Andrä Rupprechter als auch Landwirtschaftskammer-Präsident Hermann Schultes (beide ÖVP) sahen das Paket als nicht ausreichend an. Sie setzen auf mehr Export, beispielsweise von Käse nach China.

(APA)

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