U-Ausschuss: Meist bestimmt Mehrheit

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In Österreich stockt die Reform zur Ausgestaltung des U-Ausschusses als Minderheitenrecht. Im EU-Vergleich ist Österreich mit seinem Recht der Mehrheit nicht allein: das Minderheitenrecht ist in der Minderheit.

Wien/Uw/Gam/Jk. Zum Schluss war der Druck zu groß, die SPÖ gab nach. Ihre Zustimmung zu einem umfassenden Untersuchungsausschuss hätte man jedoch schneller haben können, hätten die Parteien umgesetzt, was sie 2009 beschlossen hatten: nämlich, dass der U-Ausschuss auch von einer Minderheit beantragt werden kann.

Im Zuge der Verhandlungen über das Bankgeheimnis hatten die Grünen im August 2009 eine Vereinbarung (unterzeichnet von Grünen, SPÖ, ÖVP und BZÖ) darüber erreicht, dass man sich im ersten Quartal 2010 über eine Reform des U-Ausschusses nach dem Vorbild des Deutschen Bundestages einigen will. Dort kann ein Viertel der Abgeordneten – so keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen – einen U-Ausschuss beantragen und Rechte im Verfahren (Zeugenladung etc.) durchsetzen, weshalb sich die Parteien oft von selbst über einen U-Ausschuss einigen.

Heuer im Frühjahr stellte die heimische Fünf-Parteien-Arbeitsgruppe jedoch ihre Treffen ein. Die Materie sei „kompliziert“, man sei nicht weitergekommen, heißt es aus der ÖVP. Grüne und FPÖ sagen, dass „die SPÖ bremst“. Und zwar bei der Frage, wer bei Streit im und rund um den U-Ausschuss entscheidet. ÖVP und Grüne sind (parallel zu Deutschland) für den Verfassungsgerichtshof, SPÖ und FPÖ für eine parlamentarische Schiedsstelle – wohl auch, weil der VfGH als „schwarz besetzt“ gilt. Zuletzt stand ein Mischmodell (VfGH nur bei Grundsatzfragen) im Raum.

Gegenüber der „Presse“ signalisierte die SPÖ nun Zustimmung zu dem Modell: Man sei zuversichtlich, dass sich die Reform in der Legislaturperiode ausgehe. Für eine Reform, sagt Werner Zögernitz, Präsident des ÖVP-nahen Instituts für Parlamentarismus, müsse man aber auch die „sachliche deutsche Parlamentskultur importieren“. In Österreich habe ein U-Ausschuss „Tribunalcharakter“.

Im EU-Vergleich ist Österreich mit seinem Recht der Mehrheit freilich nicht allein: In den meisten Staaten, sagt Bernd Wieser, Verfassungsjurist an der Uni Graz, sei es ähnlich. Und in einigen wie Großbritannien gibt es gar keine parlamentarischen U-Ausschüsse. Dort setzen reguläre Ausschüsse Untersuchungen an, oder die Regierung setzt (wie beim Abhörskandal) Untersuchungskommissionen ein.

Dänische Debatte

Als Minderheitenrecht ist der U-Ausschuss – außer in Deutschland – etwa in Griechenland, Lettland, Portugal und Slowenien ausgestaltet. In Dänemark wird aktuell diskutiert. Dort drängte die linke Oppositionen lange auf U-Ausschüsse (etwa zum Afghanistan-Krieg) und wurde von der bürgerlichen Mehrheit blockiert. Auch mit der Forderung, dass 40 Prozent der Abgeordneten einen U-Ausschuss erzwingen können, blitzte man ab. Nach den Wahlen im September sind aber die Rollen vertauscht, und die linke Regierung will nun ihre alte Forderung umsetzen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.10.2011)

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