"House of Cards": Da liegt der tote Hund begraben

House Cards liegt tote
House Cards liegt tote(c) Sony Pictures Television Inc. All Rights Reserved.
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Macht, Gier und Sex mit David Fincher und Kevin Spacey: Die US-Online-Videothek Netflix hat mit "House of Cards" ihre erste TV-Serie produziert. Ab heute auf Sky.

In der ersten Szene der neuen US-Serie "House of Cards" wird ein Hund überfahren. Das Tier jault und der Kongressabgeordnete Francis Underwood (Kevin Spacey) eilt zum Unfallort. Er sieht sich die Verletzungen an, kalkuliert, schätzt ab. "Es gibt zwei Arten von Schmerz", sagt er in die Kamera, direkt an den Zuschauer gerichtet. "Den Schmerz, der einen stärker macht und den Schmerz, bei dem man einfach nur leidet. Mir fehlt die Geduld für sinnlose Dinge. In Momenten wie diesem braucht man jemanden, der handelt und das Notwendige erledigt." Dann drückt er dem Tier die Luft ab. Mit dieser Szene sind die Spielregeln von "House of Cards" festgelegt: Es sind die moralischen Grauzonen am Rand zwischen Macht und Selbstherrlichkeit, die hier ausgelotet werden.

Die Serie ist eine mehrfache Premiere: Die erfolgreiche Online-Videothek Netflix produzierte mit "House of Cards" die erste Serie im Alleingang. Auch die Distribution ist neu: Mit 1. Februar stellte Netflix alle 13 Folgen der ersten Staffel gleichzeitig online. Damit kommt der Streaming-Dienst, das sich noch auf den US-Markt beschränkt, jenen Zuschauern entgegen, die qualitätsvolle US-Serien lieber in Marathonsitzungen am Stück sehen statt im Wochenrhythmus. Ein Novum ist "House of Cards" auch für Regisseur David Fincher, der die ersten beiden Folgen inszenierte und sich damit erstmals an eine TV-Serie wagte.

Rachefeldzug mit Lady Macbeth

Wie in der gleichnamigen britischen BBC-Vorlage markiert ein Rachefeldzug den Beginn der Handlung: Der Kongressabgeordnete Francis Underwood strebt das Amt als Außenminister im Kabinett des neuen US-Präsidenten an - und wird zur eigenen Überraschung übergangen. Als Instrument für seine Ränkespiele dient ihm die junge Journalistin Zoe Barnes (Hollywood-Jungstar Kate Mara), die sich durchaus mal Push-Up-BHs und String-Tangas anzieht, um an Exklusivinformationen zu kommen.

Kevin Spacey und Robin Wright
Kevin Spacey und Robin Wright(c) Sony Pictures Television Inc. All Rights Reserved.

Macht, Gier, Manipulation und Sex: Diese Zutaten sind gängig, aber man darf sich von "House of Cards" trotzdem erwarten, dass sie anders durchdekliniert werden. Das zeigt sich etwa in jener Szene, in der Underwood nach seiner Niederlage nach Hause kommt und seiner Ehefrau Claire (eine Art Lady Macbeth: Robin Wright) begegnet. Nicht Sprachlosigkeit - wie so oft im Quality-TV - kennzeichnet diese Ehe, sondern ein Gleichklang im Machtstreben. Die Ehepartner schwören sich aufeinander ein - und verschwören sich gegen die Washingtoner Machtelite. "Mein Ehemann entschuldigt sich nicht", sagt Claire Underwood. "Nicht einmal bei mir." Nur konsequent fällt folglich die Liebesbezeugung von Francis Underwood aus: "Ich liebe diese Frau mehr, als Haie Blut lieben."

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Das Original spielte Anfang der 1990er Jahre im britischen Parlament der auslaufenden Thatcher-Ära und basierte auf den Romanen von Michael Dobbs. Produzent und Drehbuchautor Beau Willimon hat das Spiel um Einfluss gekonnt ins Heute übertragen. Er kennt es aus eigener Erfahrung: 2004 war Willimon für den demokratischen US- Präsidentschaftskandidaten Howard Dean tätig und verarbeitete seine Erlebnisse im Theaterstück "Farragut North". George Clooney verfilmte die Vorlage als "The Ides of March". Darin wandelt sich Ryan Gosling vom Idealisten zum Zyniker. Eine ungewohnte Perspektive eröffnet zudem das Durchbrechen der "vierten Wand", in dem Machtpolitiker Underwood die Zuseher direkt anspricht und zu Komplizen macht.

"House of Cards" macht den Anfang

Für Netflix soll "House of Cards" der Auftakt einer Reihe von selbstproduzierten Serien sein, die im Laufe des Jahres online gehen. So erweckte die Online-Videothek die Fox-Comedyserie "Arrested Development" wieder zum Leben, ab Mai sollen neue Folgen zu sehen sein. Eine zweite Staffel von "House of Cards" ist jedenfalls schon fixiert. Medienberichten zufolge soll das Internetunternehmen 100 Millionen US-Dollar für beide Staffeln bezahlt haben.

Nicht nur bei Netflix hofft man wohl, dass sich "House of Cards" als so spannend erweist wie der letzte Film, in dem es Kevin Specey mit einem toten Hund zu tun hatte: In "Margin Call", dem wohl besten Film zur Finanzkrise, vergrub er den Familien-Vierbeiner. Das Tier, Symbol für seine Menschlichkeit, starb nach langem Krebsleiden. Underwood hätte wohl kurzen Prozess gemacht.

Ab 4. Februar um 21.00 Uhr auf Sky Atlantic HD (TV-Premiere)

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