Donald Trumps liebster Chinese

Die Steuern in China sind um ein Drittel höher als in den USA, rechtfertigt Cao Dewang die Abwanderung.
Die Steuern in China sind um ein Drittel höher als in den USA, rechtfertigt Cao Dewang die Abwanderung.(c) Wang zhou/AP/picturedesk.com
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Outsourcing einmal anders. Der chinesische Milliardär Cao Dewang produziert sein Glas künftig in den USA und warnt davor, dass China seine Rolle als Werkbank der Welt verspielt.

Peking/Wien. Jahrzehntelang kannte die Industrie nur eine Richtung: ab nach Asien, wo billige Arbeitskräfte und laxe Auflagen mehr Profit versprachen. Dass es anders geht, zeigt der chinesische „Glaskönig“ Cao Dewang. Als Hersteller von Fensterscheiben für westliche Autohersteller wurde der heute 70-Jährige reich. Berühmt wurde er mit der Entscheidung, sein Imperium, Fuyao Glass, aus China in die USA zu verlagern.

Um 200 Millionen US-Dollar kaufte der Unternehmer kürzlich ein verlassenes Werk von General Motors in Dayton, Ohio. Bis zu 3000 amerikanische Jobs will Cao Dewang hier schaffen. Nicht aus Angst vor Trumps angedrohten Importzöllen, sondern weil es sich rechnet. „In Summe ist die Steuerbelastung für Produzenten in China um 35 Prozent höher als in den USA“, sagte er zu „China Business Network“.

Mehr Lohn, Steuer, Bürokratie

In China wurde der spendable Milliardär bisher als Philantrop gefeiert. Doch seit sein Plan, in die USA abzuwandern, bekannt ist, ist ein Shitstorm über Cao Dewang hereingebrochen. „Ich bin Chinese, das Zentrum meiner Firma bleibt hier“, beruhigt der Unternehmer. „Aber ich bin auch Geschäftsmann.“ Und als solcher könne er seine Augen nicht vor der Realität verschließen.

Tatsächlich sinkt Chinas Kostenvorteil im globalen Wettbewerb rapide. Trotz schwacher Auslastung steigen die Löhne weiter stark. Amerikaner verdienen zwar immer noch acht Mal mehr – doch der Abstand schrumpft. Und noch wichtiger: Aufgrund der Automatisierung hat der Faktor Arbeit in der Produktion immer weniger Gewicht. Stark steigende Umweltauflagen, Sozialabgaben und Steuern in China machen das alte Ass zunichte. Seit den 90ern sinkt die Zahl der Fabrikarbeiter in China konstant.

Der Westen wirbt indes heftig um Heimkehrwillige. Grund, Energie und Transportkosten seien in den USA so billig, dass die höheren Löhne wettgemacht würden, so Cao Dewang. „Ich verdiene mehr, wenn ich mein Glas in den USA herstelle, als wenn ich es aus China liefere.“

Und er ist nicht allein. Im Vorjahr investierten chinesische Firmen 20 Milliarden Dollar in den Vereinigten Staaten. Zum Vergleich: Vor zehn Jahren lag dieser Wert praktisch bei null. Kleine und mittlere Unternehmen, die sich den Sprung in den Westen nicht leisten können, wandern stattdessen nach Vietnam oder Kambodscha ab, wo sie billiger an Material und Arbeitskräfte kommen als in China.

Vor den Kommunisten geflohen

Es ist nicht das erste Mal, dass der Glaskönig sein Land verlassen hat. Noch als junger Bub floh er mit seiner Familie vor der nahenden Machtübernahme der Kommunisten. Cao Dewang kehrte zurück, verkaufte Tabakblätter und Früchte, um sich über Wasser zu halten, und baute sein erstes Unternehmen auf. Aus Sorge, dass die Kommunisten ihn als „Sympathisanten des Kapitalismus“ verfolgen könnten, spendete er in den Anfangsjahren sein ganzes Geld der Kommunistischen Partei. Von ihr übernahm er Mitte der 1980er auch eine heruntergewirtschaftete Glasfabrik. Noch im selben Jahr drehte er das Ergebnis ins Plus. Verfolgung musste er diesmal nicht fürchten.

China hatte erkannt, dass es fähige Unternehmer braucht und ihren Rat ernst nehmen sollte. Heute vielleicht mehr denn je.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.12.2016)

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