Semmelweisklinik: Ärger in Währing

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Der Bezirk will in die Entscheidungen über die Nachnutzung stärker eingebunden werden. Auf dem Areal der Geburtsklinik entsteht ein internationales Musikgymnasium.

Wien. Der Währinger Bezirksvorsteher Karl Homole (VP) ist über die Wiener Stadtregierung verärgert. Da spätestens 2016 Wiens größte Geburtsklinik, die Semmelweis-Frauenklink, in das neue Krankenhaus Nord in Floridsdorf übersiedeln wird, steht dann ein großes Areal in bester Währinger Grünlage frei. Der Bezirk will bei der Entscheidung über die Nachnutzung mitreden oder zumindest informiert werden.

Denn die Währinger fürchten, dass das Areal zu Höchstpreisen an Bauträger verkauft wird und dort nur teure Wohnungen entstehen. Ähnlich wie bei den Steinhof-Gründen.

Der Bezirk fordert daher die Einsetzung eines Projektkoordinators sowie ein Bürgerbeteiligungsverfahren. Ein entsprechender Antrag wurde bereits vor einem Jahr einstimmig in der Bezirksvertretung beschlossen. Auch eine Bürgerinitiative zur Erhaltung des Semmelweis-Areals hat sich gebildet. Geschehen ist nichts. Homole hat jetzt erneut an die Stadtregierung appelliert. Besonders im Visier hat er die grüne Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou. „Ich habe schriftliche Zusagen, dass wir eingebunden werden, aber offenbar wollen die Grünen hier – so wie beim Parkpickerl – über die Bürger drüberfahren.“ Dabei sei Vassilakou doch gleichzeitig auch Stadträtin für Bürgerbeteiligung, meint Homole im Gespräch mit der „Presse“.

Mittlerweile gibt es eine interessante Zukunftsperspektive für das Areal. Wie vergangene Woche im Zuge eines Arbeitsbesuches von Bürgermeister Michael Häupl in Singapur bekannt wurde, wird in der Semmelweisklinik ein privat geführtes internationales Musikgymnasium errichtet. Vorerst einmal im leer stehenden Schwesternpavillon. Entsprechende Verträge zwischen dem Betreiber der Schule, der neu gegründeten Amadeus Vienna, und der führenden Schule Singapurs, dem Raffles Institute, die als Ko-Betreiberin auftritt, wurden während des Häupl-Besuchs unterzeichnet.

Chinesisch-Unterricht

Schon im Herbst sollen in Währing die ersten 60 Musikschüler unterrichtet werden. Das Gymnasium richtet sich vor allem an musikbegeisterte Asiaten; nicht zuletzt deshalb wird auch Sprachunterricht in Chinesisch (Mandarin) angeboten. Initiator der Schule ist der ehemalige „Spiegel“-Korrespondent in Singapur und Wien, Jürgen Kremb. Er sieht in der Schule eine Möglichkeit, über die Musik Brücken zwischen verschiedenen Kulturen zu bauen. Zugleich betont Kremb, dass in Wien – zusätzlich zur Musik – eine vollständige Schulausbildung geboten wird.

Auch Bezirkschef Homole sieht das Projekt positiv: „Wir finden grundsätzlich die Idee einer Musikschule auf dem Areal gut – wir möchten aber dennoch gerne als Bezirk in solche Entscheidungen eingebunden sein.“ Im Raum steht derzeit auch noch das Projekt einer anderen Privatschule auf dem Gelände der Semmelweisklinik. Wie berichtet, will eine Privatinitiative mit Unterstützung der Serbisch-Orthodoxen Kirche in einem der Pavillons eine AHS für Kinder mit Legasthenie einrichten.

Das 3,5 Hektar große Areal Semmelweisklinik besteht aus mehreren zum Teil bereits leer stehenden Pavillons. Eigentümer des Geländes sind mehrere Magistratsabteilungen sowie der KAV, der Krankenanstaltenverbund. Der medizinische Teil, die Geburtsklinik, wird spätestens 2016 als Teil des neuen Krankenhauses Nord nach Floridsdorf übersiedeln.

Pflegeheim statt Spital

Auch andere Wiener Spitäler werden geschlossen und dann in das neue Großspital wandern. Etwa die Orthopädie Gersthof und das Krankenhaus Floridsdorf. Für die Nachnutzung der Orthopädie ist die WSE, die Stadtentwicklungsgesellschaft, zuständig. Dem Vernehmen nach gibt es Pläne, das Floridsdorfer Krankenhaus zu einem Pflegeheim mit sozialmedizinischer Betreuung umzubauen. In Gersthof wird es etwas schwieriger: Wegen zahlreicher Denkmalschutzauflagen könnte es für die Nachnutzung der Orthopädie Probleme geben.

Zudem wandern von einigen anderen Wiener Spitälern einzelne Abteilungen nach Floridsdorf. Die Übersiedlungen sollen 2015/2016 über die Bühne gehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.04.2012)

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