Analyse: Das Quotenspiel im Profifußball

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Legionäre müssen um 20 Prozent besser spielen, sonst erhält ein Österreicher den Vorzug, sagt Rapid-Trainer Damir Canadi. Dieser Philosophie folgen in Europa aber nur wenige.

Wien. „Vor allem mit der Leistung der Ausländer war ich nicht zufrieden. Sie müssen um 20 Prozent besser sein als unsere Spieler. Wenn ein Ausländer gleichwertig ist, dann spielt der Österreicher!“ Eine Aussage, die man in Österreich aus vielen Sportarten kennt, vorrangig aus denen, die von Importspielern dominiert werden; etwa Basketball oder Eishockey.

In dieser Deutlichkeit war sie im Fußball und der Bundesliga noch nie zu vernehmen. Mit Damir Canadi weht in Hütteldorf offenbar ein rauerer Ton, wenn die Spielanalyse ansteht. Dass Salzburg klar überlegen war und mit 2:1 gewonnen hat, ist trotzdem nicht nur Rapids erschreckend schwachen Legionären geschuldet.

Mangel an Alternativen

Canadi wird diese Statistik verschlingen: Rapid beschäftigt zehn Legionäre, das sind über 30 Prozent des kompletten Kaders. Zum Vergleich: Salzburg setzt auf 21 Legionäre (72,1 Prozent). Unter 279 Spielern finden sich in der Bundesliga 78 Legionäre (29 Prozent), das Gros stellen Spanien (10) und Brasilien (8). Jonathan Soriano ist mit einem Marktwert von 7,5 Millionen Euro der teuerste Spieler, dem entgegenzuhalten ist, dass mit Deni Alar (Sturm, 14 Tore) ein ÖFB-Spieler in der Torschützenliste führt.

Rapid mangelt es allerdings im Angriff auch an Alternativen made in Austria. Joelinton, Kvilitaia, Jelić, Tomi, sie besitzen alle nicht die heimische Staatsbürgerschaft, Topscorer sind sie ebenso wenig. Welche Hemmschwellen Močinić und Traustason bei Grün-Weiß generell bislang nicht zu meistern verstanden, muss Canadi ergründen. Bei den Hütteldorfern saß Keeper Jan Novota – wegen der Legionärsbeschränkung von sechs Spielern, damit Rapid finanziell am Österreicher-Topf partizipieren kann – nur auf der Tribüne. Die Ausschüttung dieser Summe erfolgt quartalsweise, berechnet nach Einsatzminuten. In Salzburg wird hingegen auf diese Förderung verzichtet, man ist auf dieses Geld nicht angewiesen.

Salzburg wie Real Madrid

Im Duell um die ca. fünf Millionen Euro, die beim Österreicher-spielen-Lassen pro Saison ausgeschüttet werden, überraschte im Vorjahr ohnehin ein anderer Klub: Admira. Die Südstädter liefen als erste Mannschaft seit der Einführung (2004) dieser Regelung 20 Partien ohne Legionär auf. Um den Anreiz weiter zu erhöhen, wurde mit Saisonbeginn der Einsatz von U22-Spielern aufgewertet. Ihre Spielminuten zählen nun vierfach – schießen sie deshalb mehr Tore?

Der Blick auf Europa offenbart den Trend, dass Klubs – dem Erfolg verpflichtet ist diese Politik durchaus legitim –, auf Legionäre setzen. Udinese hat etwa nur fünf Italiener im Kader (1,2 Prozent Spielzeit), in der Premier League führt Watford, der Klub von ÖFB-Spieler Sebastian Prödl, in diesem Ranking (9,4 Prozent), gefolgt von Man-City (16,4 Prozent) und Chelsea (17,4 Prozent). In England, gestützt durch einen 6,9 Milliarden Euro schweren TV-Vertrag für drei Saisonen, sind Transfers ein eigener Geschäftszweig geworden, aber kaum für Briten. Nur 36 Prozent aller Akteure (170 von 517) der laufenden Saison sind Engländer. Der Durchschnittswert jedes Spielers beträgt laut transfermarkt.de 9,5 Mio. Euro. Zum Vergleich: In Österreich sind es 585.000 Euro. Deutliche Zahlen liefert auch die spanische Primera División. Osasuna hat nur drei Kicker ohne spanischen Pass und somit 96,1 Prozent „spanische Spielminuten“. Der Klub ist, diese Tatsache darf nicht unerwähnt bleiben, mit nur einem Sieg aus zwölf Runden Vorletzter.

Aber hat Canadi in Österreich damit einen Stein ins Rollen gebracht? Laut Bundesliga brachte es Grün-Weiß bislang auf einen Österreicher-Schnitt von 66,24 Prozent, Admira ist weiterhin der Primus mit über 96, Salzburg hat sich bei 35,21 Prozent eingependelt.

Auf Eigenbauspieler und Einheimische zu setzen, ist deren Entwicklung dienlich. Doch es ist nicht immer automatisch auch zwingend mit Erfolg für den jeweiligen Klub verbunden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.11.2016)

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