Berlinale: Jagd nach dem Goldenen Bären hat begonnen

Mit der Weltpremiere des französischen Revolutionsdramas "Leb wohl, meine Königin!" ist am Donnerstagabend die 62. Berlinale eröffnet worden.

Mit der Weltpremiere des französischen Revolutionsdramas "Leb wohl, meine Königin!" ist am Donnerstagabend die 62. Berlinale eröffnet worden. Zum Auftakt des größten Publikumsfestivals der Welt kehrte eine deutsche Schauspielerin in ihre Heimat zurück, die es nach Hollywood geschafft hat und auch in Frankreich eine feste Größe ist: Die 35-jährige Diane Kruger ("Inglourious Basterds", "Barfuß auf Nacktschnecken") spielt in dem Historiendrama die schillernde Königin Marie Antoinette - eine Frau mit ungeahnten Leidenschaften, die in den ersten Tagen der Französischen Revolution auch das Schicksal ihrer Dienerin und Freundin in der Hand hält.

"Es gibt viele Menschen, die sehr genaue Vorstellungen von Marie Antoinette haben, wie sie aussah, dass sie verwöhnt war, total daneben", sagte Kruger. "Ich habe versucht, sie nicht zu verurteilen." Im Film, der Fakten und Fiktion vermischt, wird Marie Antoinette als Frau gezeigt, die sich zu Frauen hingezogen fühlt. "Ich persönlich glaube nicht, dass sie lesbisch war. Aber ich weiß es nicht genau", meinte Kruger.

Am 9. Februar beginnen in Berlin die 62. Internationalen Filmfestspiele. Im Wettbewerb um den Goldenen Bären stehen insgesamt 18 Filme, die alle Weltpremieren sind. Österreichische Produktion ist keine dabei, aber ein Film mit einer Österreicherin in der Hauptrolle, nämlich Birgit Minichmayr. Die Wettbewerbsfilme im Überblick: Text: her (c) REUTERS (FABRIZIO BENSCH)

Deutschland / Norwegen, Regie: Matthias Glasner, Mit: Birgit Minichmayr und Jürgen Vogel Maria und Niels wandern mit ihrem Teenagersohn nach Norwegen aus. Dort überfährt Maria ein Mädchen und begeht Fahrerflucht. (c) Reuters (HANDOUT)

Russland / Vereinigte Staaten, Regie: Billy Bob Thornton, Mit: John Hurt, Robert Duvall, Kevin Bacon Nach dem Tod der gemeinsamen Mutter treffen sich zwei Familien von zwei Kontinenten - aus Europa und den USA. Männlichkeitsbilder, Werte und Vorstellungen prallen in den 1960er Jahren aufeinander. Billy Bob Thorntons Regie-Debüt. (c) Reuters (HANDOUT)

Frankreich / Spanien, Regie: Benoît Jacquot, Mit: Diane Kruger, Léa Seydoux Diane Kruger als Marie Antoinette kurz vor Ausbruch der Französischen Rebellion und Léa Seydoux als ihre Hofdame und Vorleserin, die sich an die letzten Tage der französischen Kaiserin erinnert. (c) Reuters (HANDOUT)

Dänemark / Tschechische Republik / Deutschland / Schweden, Regie: Nikolaj Arcel, Mit: Mads Mikkelsen "Eine königliche Affäre" geht ein deutscher Arzt, Vertrauter des schizophrenen Königs, mit der jungen Königin am dänischen Hof des 18. Jahrhundert sein. Der Plot beruht auf einer wahren Geschichte, die etwa auch Per Olov Enquist in "Der Besuch des Leibarztes" verarbeitete. (c) Reuters (HANDOUT)

Spanien, Regie: Antonio Chavarrías Nach dem Selbstmord ihres Vaters nehmen Daniel und Laura das Mädchen Julia auf. Daniel kannte den Vater des Kindes und er verfällt langsam in die gleiche Besessenheit wie dessen leiblicher Vater. Thriller. (c) Reuters (HANDOUT)

Italien, Regie: Paolo und Vittorio Taviani Strafgefangene führen Shakespeares Tragödie "Julius Caesar" auf. Die "Schauspieler" sind Inhaftierte aus dem Hochsicherheitstrakt, einige von ihnen wurden sogar zum Tode verurteilt. (c) Reuters (HANDOUT)

Frankreich, Regie: Frédéric Videau Als Zehnjährige wird Gaëlle entführt, acht Jahre später wird sie befreit. Wie kann sie damit umgehen? (c) PR Bilder (Berlinale)

Portugal / Deutschland / Brasilien, Regie: Miguel Gomes In Rückblenden wird die Geschichte einer Liebe und eines Verbrechens in Afrika gezeigt - koloniale und postkoloniale Erinnerungsgeschichte. (c) Reuters (HANDOUT)

Griechenland / Deutschland, regie: Spiros Stathoulopoulos Ein junger Mönch und eine junge Nonne, die in zwei durch einen tiefen Abgrund getrennten Klöstern leben, verlieben sich ineinander. (c) PR Bilder (Berlinale)

Deutschland, Regie: Hans-Christian Schmid, Mit: Corinna Harfouch, Lars Eidinger Eingeübte Rollen innerhalb einer traditionellen, erfolgreichen Familie zerbrechen, als die Mutter ihrem Sohn gesteht, an einer psychischen Krankheit gelitten zu haben. (c) Reuters (HANDOUT)

Frankreich / Philippinen / Deutschland / Großbritannien, Regie: Brillante Mendoza, Mit: Isabelle Huppert 2001 wird die Französin Thérèse Bourgoin gemeinsam mit ihrer ihre philippinische Kollegin Soledad Carpio auf den Philippinen von einer islamistischen Extremistengruppe entführt. Der mehrfach preisgekrönte Regisseur Mendoza stammt von den Philippinen, der Plot basiert auf einer wahren Geschichte. (c) Reuters (HANDOUT)

Frankreich / Senegal, Regisseur: Alain Gomis, Mit: Saul Williams Die letzten 24 Stunden aus den Leben eines Mannes, der weiß, dass er sterben muss. Gedreht wurde in der senegalesischen Hauptstadt Dakar. Der New Yorker Saul Williams, der die Hauptrolle verkörpert, ist bekannt als Hip-Hop-Musiker und Slam-Poet. (c) Reuters (HANDOUT)

Deutschland, Regie: Christian Petzold, Mit: Nina Hoss, Ronald Zehrfeld und Rainer Bock Sommer 1980 in der DDR: Die Ärztin Barbara wird von Berlin in ein Provinzkrankenhaus versetzt, weil sie in den Westen ausreisen wollte. Heimlich bereitet sie ihre Flucht vor. (c) Reuters (HANDOUT)

Schweiz / Frankreich, Regie: Ursula Meier, Mit: Léa Seydoux Der zwölfjährige Simon wohnt in einem Skiort und lebt davon, dass er Touristen bestehlt. Seine arbeitslose Mutter gibt sich als seine Schwester aus. (c) Reuters (HANDOUT)

Indonesien /Deutschland / Hongkong, Regie: Edwin, Mit: Ladya Cheryl Als Dreijährige wird Lana alleine im Zoo zurückgelassen, wo der Giraffen-Trainer sie aufzieht. Der Zoo ist die einzige Welt, die sie kennt. Erst als sie sich verliebt, überlegt Lana, diese Welt zu verlassen. (c) Reuters (HANDOUT)

Ungarn / Deutschland / Frankreich, Regie: Benedek Fliegauf Der Film spielt vor dem Hintergrund der Morde an Roma zwischen 2008 und 2009 in Ungarn. Im Zentrum der Handlung steht eine Roma-Familie. (c) Reuters (HANDOUT)

Kanada, Regie: Kim Nguyen Eine 14-jährige Kindersoldatin erzählt ihrem ungeborenen Kind ihre Lebensgeschichte: Wie sie als Zwölfjährige entführt wurde und wie sie sich zum ersten Mal verliebte. (c) Reuters (HANDOUT)

China, von Wang Quan’an Der politische und gesellschaftliche Umbruch zwischen dem Kaiserreich und dem aufstrebenden Sozialismus exemplifiziert an zwei Familien. Der Film basiert auf dem gleichnamigen Roman von Chen Zhongshi, der wegen expliziter Sexszenen lange auf dem Index stand. (c) PR Bilder (Berlinale)

Großbitannen / Frankreich / Italien, Regie: Declan Donnellan und Nick Ormerod, Mit: Robert Pattinson und Uma Thurman "Twilight"-Star Robert Pattinson spielt in der Neuverfilmung von Guy de Maupassants Klassiker einen skrupellosen Aufsteiger im Paris der 1890er Jahre. (c) Reuters (HANDOUT)

China, Regie: Zhang Yimoum, Mit: Christian Bale Der Film handelt von der japanischen Invasion Chinas und dem "Massaker von Nanking", bei dem hunderttausende Menschen ermordet und zentausende Mädchen vergewaltigt wurden. Hollywood-Star Christian Bale spielt einen Bestatter, der in die Rolle eines Priesters schlüpft, um die Frauen zu beschützen. (c) Reuters (HANDOUT)

Außer Konkurrenz USA, Regie: Stephen Daldry, Mit: Stephen Daldry, Sandra Bullock, Max von Sydow In der Verfilmung des 9/11-Romans von Jonathan Safran Foer irrt ein kleiner Junge auf der Suche nach Spuren seines Vaters durch New York. Der Film und Sydow sind für den Oscar nominiert. (c) Reuters (HANDOUT)

Hongkong / China, Regie: Tsui Hark In der Ming-Dynastie kämpfen ein mächtiger Eunuch und ein Ex-General - kunstvoll - gegeneinander. (c) Reuters (HANDOUT)

Großbritannien / Irland, Regie: James Marsh, Mit: Clive Owen, Andrea Riseborough und Gillian Anderson IRA-Drama: Colette, Mitglied der irischen Befreiungsarmee, gerät in ein moralisches Dilemma, in dem sie sich zwischen der Loyalität zur IRA und der Sicherheit ihres Sohnes entscheiden muss. (c) Reuters (HANDOUT)

Regisseur Benoit Jacquot ("Schule des Begehrens") bietet keine Geschichtslektion, sondern pralles, sinnliches und teils dezent ironisches Kino. Nach dem preisgekrönten Roman von Chantal Thomas schildert der Film die dramatischen Ereignisse zu Beginn der Revolution im Juli 1789 aus der Sicht der Diener im Schloss von Versailles. Dabei blickt der Zuschauer hinter die Kulissen von Pomp und Prunk - dorthin wo in den Dienstboten-Gemächern das Ungeziefer krabbelt und in den Seen des Schlossparks tote Ratten schwimmen.

Léa Seydoux ("Midnight in Paris") spielt die köngliche Vorleserin Sidonie Laborde, die "ihre" Königin sehr verehrt und am Ende bereit ist, ihr Leben für die skrupellose Herrscherin zu riskieren. Virginie Ledoyen ("8 Frauen") ist in der Rolle der Herzogin Gabrielle de Polignac zu sehen - einer sehr intimen Vertrauten von Marie Antoinette. Das Leben der Königin endete neun Monate nach der Hinrichtung ihres Gatten Ludwig XVI. - im Film von Xavier Beauvois gespielt - im Oktober 1793 auf dem Schafott.

Das Leben von Marie Antoinette war Stoff von bereits zahllosen Filmen. Zuletzt ließ im Jahr 2006 zum Beispiel US-Regisseurin Sofia Coppola die Hollywoodschauspielerin Kirsten Dunst als verspielte, fast unschuldig wirkende Königin in einer pastelligen Pop-Version der Geschichte auftreten.

1600 Gäste kamen zur Eröffnung

Zur launigen Eröffnungsgala mit Festivaldirektor Dieter Kosslick und Comedystar Anke Engelke kamen 1600 Gäste in den Berlinale-Palast am Potsdamer Platz. Auf dem roten Teppich standen bei frostigen Temperaturen unter anderem Schauspieler wie Christopher Lee, Mario Adorf, Iris Berben, Veronica Ferres, Ulrich Noethen, Corinna Harfouch und Bruno Ganz sowie die Regisseure Volker Schlöndorff und Tom Tykwer.

Ehrenplätze hatten die Mitglieder der Jury unter Vorsitz des britischen Regisseurs Mike Leigh. Die Jury, der auch die Schauspieler Barbara Sukowa, Jake Gyllenhaal und Charlotte Gainsbourg angehören, entscheidet am Ende des elftägigen Film-Marathons über die Gewinner des Goldenen und der Silbernen Bären.

Bis zum 19. Februar zeigen die Internationalen Filmfestspiele Berlin knapp 400 Filme aus aller Welt. Im offiziellen Wettbewerb konkurrieren neben "Leb wohl, meine Königin!" 17 weitere Filme um die Trophäen. Drei deutsche Regisseure haben Bären-Chancen: Christian Petzold mit "Barbara", Hans-Christian Schmid mit "Was bleibt" und Matthias Glaser mit "Gnade". Zahlreiche Stars haben ihr Kommen angekündigt. Dazu gehören Vampir-Darsteller Robert Pattinson, Oscar-Anwärterin Meryl Streep, Uma Thurman, Keanu Reeves, Billy Bob Thornton, Isabelle Huppert, Charlotte Rampling und Salma Hayek.

US-Schauspielerin Angelina Jolie ist bereits in der Stadt. Sie stellt am Samstag ihr Regiedebüt "In The Land Of Blood And Honey" vor. Bereits am Freitag ist die Verfilmung von Jonathan Safran Foers Bestseller "Extrem laut und unglaublich nah" mit Sandra Bullock und Tom Hanks zu sehen - der Film läuft allerdings außer Konkurrenz und ist damit kein Bären-Kandidat.

(APA)