Fondsratings: Noten mit begrenzter Aussagekraft

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Fondsratings versprechen, gute von schlechten Investmentfonds zu unterscheiden. Anleger sollten aber lieber auf andere Dinge schauen. 3095 Investmentfonds sind in Österreich zum Vertrieb zugelassen.

Wien. Nicht weniger als 3095 Investmentfonds sind in Österreich zum Vertrieb zugelassen. Entsprechend groß ist der Bedarf der Anleger nach Orientierung. Denn nur wenige Fondsmanager schaffen es, den Vergleichsindex zu schlagen und so ihre hohen Gebühren zu rechtfertigen. Wer die falsche Wahl trifft, hat gleich zwei Probleme: hohe Kosten und schlechte Performance.

Fondsratings, ähnlich jenen für Staaten und Unternehmen, versprechen Hilfe bei der Entscheidung. Einer der bekanntesten Anbieter ist Morningstar. Bei ihm werden Sternchen vergeben, nur die besten Fonds erhalten fünf davon. Um zu den besten zehn Prozent einer Anlagekategorie zu gehören (fünf Sterne), muss ein Fonds höhere Erträge erwirtschaften als die Konkurrenz, aber auch geringere Schwankungen aufweisen. Die Kosten werden ebenfalls berücksichtigt. Grob gesagt wird somit die Nettorendite eines Fonds im Verhältnis zu seinem Risiko gesetzt. Es gibt je ein Rating für die Zeiträume drei, fünf und zehn Jahre.

Ein weiterer Anbieter solcher Noten ist das Analysehaus Feri. Ziel ist es auch hier, „das Fondsmanagement in Hinblick auf seinen Beitrag zu Outperformance und Risikominderung zu bewerten“. Die Wertentwicklung eines Fonds macht 70 Prozent des Ratings aus, 30 Prozent entfallen auf das Risiko. Je jünger ein Fonds ist, desto mehr wird auch auf qualitative Faktoren geschaut, also zum Beispiel auf die Anlagestrategie.

Daten aus der Vergangenheit

Anleger sollten diese Ratings aber mit Vorsicht genießen. „Das Kernproblem ist, dass sie mit Daten aus der Vergangenheit arbeiten“, sagt Andreas Beck vom Münchner Institut für Vermögensaufbau (IVA). Das berge die Gefahr, dass nur Risken dargestellt werden, die in der Vergangenheit aufgetreten sind. Gefahren, die in der Zukunft lauern (zum Beispiel steigende Staatsverschuldung), werden in keinem Rating abgebildet. „Die Prognosekraft ist sehr begrenzt.“

Eine Überrendite in der Vergangenheit sage zudem nichts über die weitere Entwicklung aus: Beim IVA verfolgt man den Ansatz, die Rendite eines Fonds in risikolosen Zins und Risikoprämie zu zerlegen. Mit anderen Worten: Welcher Anteil der Rendite entfällt auf das Risiko, das der Fondsmanager eingegangen ist? „In den meisten Fällen“, so Beck, „haben wir dann schon die Erklärung für die Performance.“ Hohe Rendite gibt es eben nirgends ohne entsprechendes Risiko. Um auf Risken vorbereitet zu sein, die in der Zukunft anfallen dürften, helfe nur eine Analyse der Anlagestrategie.

Toprating als „Kuss des Todes“

Nicht nur wegen ihrer begrenzten Prognosekraft sind die Ratings mit Vorsicht zu genießen. Eine amerikanische Studie will herausgefunden haben, dass gar eine negative Korrelation zwischen einer Fünfsternebewertung bei Morningstar und der zukünftigen Performance bestehe. Sprich: Ein Fonds mit Topbewertung wird sich in Zukunft wahrscheinlich schlechter entwickeln als die Konkurrenz. „Der Kuss des Todes“ nannte Autor Mathew Morey das Phänomen. Als mögliche Gründe führte er an, dass Fondsmanager höhere Risken eingehen, um weiterhin hohe Erträge zu erzielen. Daneben könne die hohe Bewertung auch einen anderen, ganz einfachen Grund haben: Glück.

Die deutsche Stiftung Warentest hat daher ein eigenes Verfahren entwickelt, um die Qualität eines Fonds darzustellen. Dabei werden alle monatlichen Verluste den monatlichen Gewinnen in einem Zeitraum von fünf Jahren gegenübergestellt. So werden die maximalen Gewinne in Relation zu den maximalen Verlusten gebracht. „Dass manche Fonds in manchen Marktphasen besser laufen als andere, ist klar“, sagt Projektleiter Rainer Zuppe. Die geringe Fluktuation an der Spitze zeige aber, dass man mit dem Chance-Risiko-Modell eine gute Bewertungsmethode für konstante Qualität gefunden habe.

Kosten mit hoher Prognosekraft

Wie sollte man mit den Ratings nun umgehen? „Keine Methode ist perfekt“, sagt der Amerikaner Neal Stoughton, der seit einiger Zeit an der Wirtschaftsuniversität Wien forscht. Aber Fondsratings seien immer noch besser als die bloße Rendite. Und dies sei eine Kennzahl, auf die sich Privatanleger viel zu oft verließen.

Auch ein weiterer Punkt wird nicht selten außer Acht gelassen: die Kosten. „Ein Fonds, der ein Prozent Verwaltungsgebühr verlangt, wird sehr wahrscheinlich mehr abwerfen als einer, der zwei Prozent verlangt“, so Stoughton. „Die Kosten haben immer noch die beste Prognosekraft“, stimmt ihm Andreas Beck zu. Deswegen könnten die kostengünstigen Indexfonds (ETFs) eine gute Alternative für Privatanleger sein.

Was Sie beachten sollten bei... Fondsratings

Tipp 1

Bewertung. Fondsratings leisten zumindest eines: Sie setzen die Rendite eines Fonds mit dessen Kursschwankungen in Relation. Das ist schon mal besser, als nur auf die Rendite zu schauen. Erhält ein Fonds ein gutes Rating, wirbt er gern damit. Auf den Webseiten der Anbieter (z. B. Morningstar oder Feri) gibt es auch Datenbanken.

Tipp 2

Sharpe-Ratio. Die Sharpe-Ratio ist eine weitere Kennzahl, die die Rendite ins Verhältnis zur Volatilität eines Fonds setzt. Sie wird meist von den Fondsgesellschaften selbst veröffentlicht. Ein Wert über eins deutet auf eine effiziente Geldanlage hin. Ein negativer Wert zeigt, dass nicht einmal der risikolose Zins erzielt wurde.

Tipp 3

Kosten. Ratings und Sharpe-Ratio haben eine begrenzte Aussagekraft, weil sie auf Daten aus der Vergangenheit beruhen. Anders die Kosten: Auf die kann man sich auch in Zukunft verlassen. Die Gebühren zu reduzieren, ist also ein guter Weg, um sich Rendite zu sichern. Das geht zum Beispiel mit börsengehandelten Indexfonds (ETFs).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.05.2012)

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