Straßenlärm senkt die Kosten

Wo kann man bei der Wohnung einsparen? Was bringen Kompromisse? Treibt die Lage den Preis, können ihn der Zustand, das Alter und das direkte Umfeld aber drücken.

Wer günstig wohnen will und sich auf dem freien Markt umsehen muss, hat zwei Möglichkeiten: Entweder er zieht in eine ländliche Region mit schlechter Verkehrsanbindung und nimmt stundenlange Fahrtzeiten zur Arbeit in Kauf. Oder er sucht nach einer straßenseitigen, lärmbelasteten, unsanierten älteren Wohnung im sechsten Stock ohne Lift und ohne Balkon und zieht dort mit WG-Freunden ein.

Das legen die Ergebnisse eines Vergleichs der Onlineplattform Immobilienscout24 nahe: Dafür wurde untersucht, welche Merkmale den Unterschied zwischen teuren und billigen Wohnungen ausmachen – und welche für die höchsten Preisunterschiede sorgen. Der wichtigste Faktor sei die Makrolage, berichtet Patrick Schenner, Geschäftsführer von Immobilienscout24 in Österreich. „Je ländlicher, je mehr Kilometer Entfernung bis zum Arbeitsplatz, umso günstiger.“ Entlegene Kärntner Täler oder Waldviertler Bezirke bieten günstigen Wohnraum. Wer billig wohnen will, muss also pendeln – und höhere Verkehrsausgaben in Kauf nehmen.

Ältere Häuser sind günstiger

Man kann auch beim zweitwichtigsten Preisfaktor Abstriche machen, der Mikrolage: Hofseitige Wohnungen sind teurer als straßenseitige, Parknähe kostet extra. Im gleichen Wiener Bezirk zahlt man umso weniger, je weiter weg von der Innenstadt man wohnt. „Aussicht, Ruhe und Licht lassen die Preise steigen“, sagt Schenner. Wer Lärmbelastung in Kauf nimmt, kann sich auf geringere Mieten und Kaufpreise einstellen.

Wem das nicht gefällt, der kann sich schließlich nach einer Wohnung in einem älteren Haus umsehen. „Je älter, desto günstiger.“ Neubauten sind teurer als Wohnungen aus den Siebzigerjahren. Dass Stilaltbauten aus dem frühen zwanzigsten Jahrhundert ebenfalls teurer sind, treffe zwar zu, das erkläre sich aber vor allem durch andere Faktoren, etwa die Lage, erläutert der Experte: Solche Altbauten gibt es überwiegend im Zentrum. „Aber auch Sanierung zählt“, stellt Schenner fest. Wer mit einem unsanierten Haus vorliebnimmt, wohnt billiger – muss sich aber als Mieter auf höhere Heizkosten oder als Eigentümer auf höhere Sanierungskosten einstellen.

Auf dem vierten Platz unter den Preistreibern rangieren das Stockwerk und der Lift: Bis zum zweiten Stock ist es preismäßig egal, ob es einen Aufzug gibt oder nicht, zeigt der Vergleich. Ab dem dritten Stock wird es jedoch pro Stockwerk billiger, wenn man auf den Lift verzichtet. Dass bei Vorhandensein eines Lifts das oberste Stockwerk meist begehrter und teurer ist, erklärt Schenner wiederum mit der Mikrolage: Aussicht, Ruhe und Licht kosten extra.

Wer nicht gern seine Einkäufe in den sechsten Stock schleppt, dem bleibt schließlich noch der Verzicht auf Terrasse, Balkon oder Garten. Wobei es dabei natürlich auch auf die Größe ankommt. „Der Klopfbalkon allein ist noch kein Preistreiber“, schränkt Schenner ein. Wer die Wahl zwischen zwei identen Wohnungen hätte, die sich nur dadurch unterschieden, dass die eine über einen Balkon verfügt und die andere nicht, kann durch den Verzicht auf einen Balkon allerdings nicht mehr so viel sparen wie jemand, der Lärmbelästigung in Kauf nimmt.

Auf Platz sechs der Sparmöglichkeiten kommt schließlich die Größe der Wohnung: Je größer, desto weniger zahlt man pro Quadratmeter – zumindest als Mieter. „Ab 120 Quadratmetern nimmt der Preis pro Quadratmeter deutlich ab.“ Davon profitiert man freilich nur, wenn man die Kosten mit anderen teilt, wenn man also in eine Wohngemeinschaft zieht. Alle anderen Faktoren, etwa das Vorhandensein von Garagen oder Kellerabteilen, folgen dem Vergleich zufolge erst unter ferner liefen.

Zu ähnlichen Ergebnissen kam vor Kurzem auch eine Studie von Immobilien.net: Statt „Lage, Lage, Lage“ hießen die drei wichtigsten Kriterien für Wohnungen nunmehr „Lage, Licht und Lärm“, stellte Immobilien.net-Geschäftsführer Alexander Ertler fest. Wer im Dachgeschoß wohnen will, muss demnach um 30 Prozent mehr hinlegen als für eine vergleichbare Wohnung in einem unteren Stockwerk – Voraussetzung ist freilich weite Aussicht.

Für eine Terrasse zahlt man im Schnitt 26 Prozent, für einen Balkon um 16 Prozent mehr. Dieser Studie zufolge würde es sich auf den ersten Blick also rechnen, auf einen Balkon zu verzichten. Nun der Haken: In billigen Gegenden zahlt sich der Verzicht auf einen Balkon kaum mehr aus. Bei Immobilien.net führt man das darauf zurück, dass dort die Nachfrage nach Freiflächen gering sei. Wer Geld hat und auf einen Balkon Wert legt, zieht gleich in eine teurere Gegend.

Große Wohnung billig zu mieten

Auch die Immobilien.net-Studie kommt zu dem Schluss, dass größere Wohnungen billiger sind. Das gelte jedoch vor allem für Mietwohnungen. Bei Eigentumswohnungen sei es umgekehrt: Wer sich eine solche leisten kann, greift lieber zu einer größeren. Wenn man also mit einer Wohngemeinschaft Geld sparen will, mietet man besser.

Wer schließlich zu einer Wohnung greift, die in den Sechziger- oder Siebzigerjahren errichtet worden ist, sollte sich auch nicht daran stoßen, dass in solchen Gebäuden manche Investitionen nachträglich nicht mehr so leicht durchzuführen sind. Als Beispiel führt Ertler den Einbau eines Bussystems an (das alle elektrischen Anlagen im Haus von Beleuchtung über Jalousien bis hin zur Alarmanlage zentral steuert). Das dürfte Mieter mit kleinem Geldbörsl vorerst wenig stören. Wer jedoch eine billige Wohnung ersteht, um sie zu vermieten, sollte bedenken, dass in Zukunft Wohnungen ohne Bussystem weniger begehrt sein könnten.

Preise, Lagen, Optionen

Der wichtigste Preisfaktorbei Wohnungen ist die Lage: je ländlicher, desto billiger. An zweiter Stelle folgt die Mikrolage: je lauter, desto günstiger. Auch ein Lift, ein Balkon oder eine Terrasse schlagen zu Buche. Mieter sparen auch Geld, wenn sie in eine Wohngemeinschaft ziehen: Große Mietwohnungen kosten nämlich pro Quadratmeter weniger als kleine. Bei Eigentumswohnungen ist dieses Verhältnis allerdings umgekehrt. Das hat damit zu tun, dass Leute, die sich eine Eigentumswohnung leisten können, lieber gleich eine große kaufen. Auch das Alter der Gebäude hat einen starken Einfluss auf den Preis: Neubauten sind am teuersten, aber auch Stilaltbauten sind nicht billig. Wer Geld sparen will, sollte in ein Gebäude ziehen, das in den Sechziger- oder Siebzigerjahren errichtet worden ist.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.04.2013)

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