Gefängnis-Comedy: Überwachen und miteinander schlafen

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»Orange is the New Black« gehört neben »House of Cards« zu den wichtigsten Produktionen des Streaming-Dienstes Netflix.

„Gefängnis und Behörden haben sich verschworen, jeden Mann seiner Würde zu berauben“, schrieb Nelson Mandela in „Der lange Weg zur Freiheit“. Der Satz trifft auch auf Frauen zu. Piper Chapman (Taylor Schilling), Hauptfigur aus der Serie „Orange is the New Black“ muss für 15 Monate ins Gefängnis, weil sie aus Liebe zu einer Drogendealerin Schwarzgeld geschmuggelt hat. Eine Jugendsünde, die nicht verjährt ist. Nach einer langen Verabschiedung vom Verlobten („American Pie“-Star Jason Biggs) tritt die 32-Jährige ihre Strafe an, zieht die titelgebende orange Gefängniskleidung an und legt ihre Würde ab. Im Litchfield-Penitentiary-Gefängnis sind Scham und Privatheit Luxus, es gibt nur eine Toilette mit Tür, und unter der Dusche wird Chapman wegen ihrer kleinen Brüste ausgelacht.

Das klingt nicht lustig, ist es aber. „Orange is the New Black“, basierend auf den gleichnamigen Memoiren der US-Autorin Piper Kerman, ist eine Comedy und die wichtigste Eigenproduktion, die der Streaming-Dienst Netflix in Österreich zeigen darf. Die Rechte für „House of Cards“, die zweite große Serie der Online-Videothek, die nun auch hierzulande abrufbar ist, liegen beim Konkurrenten Sky. In den USA aber ist „Orange is the New Black“ erfolgreicher als „House of Cards“.


Dritte Staffel fixiert. Beide Serien hat Netflix nicht Folge für Folge, sondern staffelweise veröffentlicht und damit den Trend zum Binge Viewing – Schauen ganzer Staffeln am Stück – entscheiden mitgeprägt. Kommendes Jahr gehen „Orange is the New Black“ und „House of Cards“ in die dritte Staffel. Während das Politdrama auf Kevin Spacey als Washingtoner Machiavelli zugespitzt ist, lebt die Gefängnisserie vom Ensemble. Ein Triumph der Schauspielerinnen in mehr als einer Hinsicht. Autorin Jenji Kohan, die zuvor für HBO „Weeds“ schrieb, war von den vielen Rollenanwärterinnen für „Orange is the New Black“ so beeindruckt, dass sie neue Figuren erfand. Keine andere Serie hat dadurch einen vergleichbar großen und diversen weiblichen Cast.

Ihre Komik – oft an der Grenze zur Tragik – schöpft die Erzählung aus den Banalitäten und Absurditäten des Gefängnisalltags. Das Bedrohliche am Strafvollzug, wie man es aus dem frühen HBO-Juwel „Oz“ kennt, rückt so in den Hintergrund. Freilich ist das Gefängnis in der Serie ein beängstigender Ort, vor allem durch einen durchtriebenen Wärter. Meist komisch, manchmal gefährlich ist die Paranoia des Gefängnisdirektors, der nicht Gewalttäterinnen und Mörderinnen fürchtet, sondern „Lesbianismus“. Chapman schickt er einmal in Einzelhaft, weil sie mit ihrer Exfreundin tanzt. Doch in gewisser Weise behält er recht. Durch Sex und Liebesbeziehungen entziehen sich die Frauen seiner Überwachung – und holen sich ihre Würde zurück.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.09.2014)

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