Neue Technologien: Faltbare Bildschirme für die Hosentasche

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Symbolbild(c) REUTERS (ROBERT GALBRAITH)
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Im Vergleich zu heutigen Tablet-PCs wären faltbare Displays komfortabler und könnten die Mobilität von Smartphones erreichen – vielleicht sogar mit ihnen verschmelzen. Ein Ausblick.

Anfang 2010 stellte das iPad die Elektronikbranche auf den Kopf. Zwar wussten zu Beginn viele nicht so genau, was sie damit anfangen sollten, dennoch ging davon eine Faszination aus, die zu langen Schlangen vor den Apple-Stores führte. Inzwischen sind Apples Tablet und die zahlreichen Konkurrenzprodukte, vorrangig bestückt mit Googles Android-Betriebssystem, nicht mehr vom Markt wegzudenken. Allerdings besitzen die kompakten, flachen Lifestyle-Computer eine Eigenschaft nicht, die etwa Zeitungen auszeichnet und deren Gebrauch (vor allem unterwegs) erleichtert: Im Gegensatz zu Papier lassen sich Touchscreens – außer in manchen Science-Fiction-Visionen – nicht falten und folglich auch nicht in die Hosentasche stecken.

Auf dreifache Größe aufklappbar

Das wird sich aber ändern. Zahlreiche Hersteller (darunter Apples aktueller Lieblingsfeind Samsung) entwickeln derzeit faltbare Displays. In wenigen Jahren wird es keine Seltenheit mehr sein, dass jemand sein Handy aus der Tasche nimmt und aus seinem 4-Zoll-Touchscreen mit wenigen Handgriffen einen mit der dreifachen Bildschirmgröße macht. Vorrangig wird dafür auf die Technologie OLED, kurz für Organic Light Emitting Diode, gesetzt. Sie steckt bereits in etlichen Smartphones und Tablets. Allerdings müssen derartige Bildschirme immer unter einer schützenden Glasschicht liegen. Das verhindert jegliche Flexibilität.

Mit faltbaren Displays könnten Tablets, die heute eigentlich immer einen Rucksack oder eine Handtasche als Accessoire bedingen, dieselbe Mobilität erreichen wie Smartphones. Es ist sogar denkbar, dass die beiden Gerätekategorien in ein paar Jahren komplett miteinander verschmelzen.

Ein paar Versuche in die Richtung hat es bereits gegeben. Sony hatte mit seinem Tablet P ein Gerät auf den Markt gebracht, das über zwei 5,5-Zoll-Touchscreens verfügte. Kyocera präsentierte ein Smartphone, das in aufgeklapptem Zustand zwei 3,5-Zoll-Schirme offerierte – also die doppelte Größe des bisherigen iPhone. Das neue Modell soll Gerüchten zufolge ein größeres Display erhalten. Beide Geräte kamen aber aufgrund der technischen Probleme, des hohen Preises und der eher miserablen Akkuleistung nicht gut an. Außerdem sind Scharniere nicht so schick wie ein einheitlicher Bildschirm, der zusammenklappbar ist. Ein Knick in der Optik gefällt den meisten Käufern wohl nicht.

Auch Medien werden sich auf die neuen Faltgeräte einstellen müssen. Wie wird eine Seite dargestellt, wenn das Gerät nur zur Hälfte ausgefaltet ist? Wie, wenn es komplett geöffnet wurde? Schon ein wenig in diese Richtung denkt Microsoft mit seinem Betriebssystem Windows 8. Es ermöglicht zwei Ansichten für Anwendungen: eine Vollbildansicht und eine verkleinerte Version, die am Bildschirmrand fixiert wird.

Der Programmieraufwand dafür ist vergleichsweise gering. Und mit der Handyversion Windows Phone 8, die technisch dem vollwertigen System angeglichen wurde, lassen sich Apps für Windows 8 relativ einfach in eine Smartphone-Version umbauen. Auch Google möchte erreichen, dass alle Android-Apps auf den unterschiedlichsten Bildschirmgrößen gleichermaßen nutzbar sind. Bisher ist die Entwicklergemeinde diesem Aufruf aber nur sporadisch gefolgt. Bei Apple gibt es eine strikte Trennung in Apps für das iPhone und solche für das iPad.

Umsatz: 30 % an Google, Apple

Viele Anbieter versuchen bereits, diese Hürden zu umgehen, indem sie spezielle Web-Versionen ihrer Inhalte erstellen. Der Vorteil ist, dass ein Angebot, das nur auf Technologien wie HTML5 basiert, auf jedem Gerät mit einem Browser funktioniert. Allerdings ist es für Bezahlinhalte oft einfacher, die vorgefertigten Systeme von Apple, Google und Microsoft zu nutzen. Dafür schneiden diese aber auch kräftig mit: Sie kriegen 30 Prozent aller Umsätze, die über ihre Systeme abgewickelt werden. Und das ist gerade in der Medienbranche, die immer mehr um ihre Einnahmen ringen muss, eine zunehmend schmerzhafte Summe.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.08.2012)

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