Die umstrittensten „Haifischbecken“ der Welt

Diaoyu-Inseln
Diaoyu-InselnEPA
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Mit seinen Ansprüchen auf unbewohnte Inseln im Südchinesischen und Ostchinesischen Meer hat China fast alle anderen Staaten der Region gegen sich aufgebracht. Auch die Pazifik-Supermacht USA mischt mit.

Wer auf Pekings Straßen Passanten fragt, wo genau sich die Diaoyu-, Spratly- und Paracel-Inseln oder das Scarborough-Riff befinden, erntet Achselzucken oder allenfalls eine grobe Beschreibung. Dass es sich etwa beim Scarborough-Riff (auf Chinesisch Huangyandao) um ein weitgehend versunkenes Atoll vor den Philippinen handelt, wissen die wenigsten. Dennoch behaupten die meisten, diese Inseln gehörten zu China. Und: Sie sind dafür, sich diese Eilande notfalls mit Gewalt zu holen.

Der Territorialstreit um die Inseln im Ost- und Südchinesischen Meer belastet seit Langem die Beziehungen zwischen China und seinen jeweiligen Nachbarn. Um die Spratleys im Südchinesischen Meer etwa raufen China, Taiwan, Vietnam, Brunei, Malaysia und die Philippinen. Um die Paracels China und Vietnam. Um das Scarborough-Riff China, Taiwan und die Philippinen. Und um die Diaoyu-Inseln im Ostchinesischen Meer, die die Japaner Senkaku nennen und de facto verwalten, liefern sich China, Japan und Taiwan heftige Auseinandersetzungen. Dabei sind fast alle dieser Inseln unbewohnt, und falls sich doch Menschen darauf befinden, sind es Militärs. Meist sind es bloß Felsbrocken mitten im Meer.

Jeder Brocken ein Kriegsgrund

Dennoch birgt jeder Brocken enormes Konfliktpotenzial – zumal vor allem China mit wachsender wirtschaftlicher und militärischer Stärke immer lauter auftritt. Es kam schon zu Schießereien, alle Parteien haben ihre Luft- und Seepatrouillen verstärkt, schwimmende Wachstationen gebaut und einzelne Atolle zu Festungen ausgebaut.

In den Gebieten um die Inseln werden riesige Erdöl- und Erdgasvorkommen vermutet. Die USA nehmen an, dass unter dem Südchinesischen Meer bis zu 213 Milliarden Barrel Öl lagern. Das würde einem Drittel der bekannten Depots entsprechen. Man vermutet auch Erdgas, China will bis 2015 bis zu 15 Milliarden Kubikmeter Gas im Jahr fördern.

Doch nicht nur Öl und Gas feuern im Südchinesischen Meer den Zank um die mehr als 200 Inseln, Atolle und Felsen an: Das Meer ist die kürzeste Route zwischen Indischem Ozean und Pazifik und hat sich zur meistbefahrenen Seehandelsroute der Welt entwickelt. Über die Hälfte des weltweiten Tankerverkehrs – Güter im Wert von fünf Billionen Dollar im Jahr – passieren die Region.

Im Streit um die Diaoyu-Senkaku-Inseln geht es neben ebenfalls vermuteten Öl- und Gasvorkommen auch um Fischbestände. Derzeit stoßen immer wieder einzelne Boote und ganze Fangflotten der Chinesen in die umliegenden Gewässer vor und rufen japanische Küstenwachschiffe auf den Plan. China ist nicht der einzige Aggressor. So wettert Taiwan gemeinsam mit dem Erzfeind Festlandchina gegen Japan wegen der Senkaku-/Diaoyu-Inseln. Und philippinische Küstenwächter (das Land ist mit Taiwan eng verbündet) erschossen vorige Woche einen taiwanischen Seemann, der einer Insel am Scarborough-Riff zu nahe gekommen ist. Japan wiederum fordert die 1945 von Russland besetzten Kurilen zurück und streitet mit Südkorea um die Dogdo-Inseln.

„Barriere“ gegen China

Die USA (offiziell geben sie sich neutral) mischen hinter den Kulissen kräftig mit. Mit Japan, Südkorea, den Philippinen und Taiwan sind sie verbündet und dürften auch Vietnam ins Boot holen. Ihr Plan: Sie wollen gegen China eine Barriere an Verbündeten aufstellen. US-Präsident Barack Obama hat 2012 unverhohlen eine „neue Ära“ angekündigt und versprochen, die Militärpräsenz der USA in der Region zu verstärken (s. Geschichte links) – was China erst recht zum Aufrüsten animiert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.05.2013)

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