Klimawandel: Malediven sparen für neue Heimat

(c) BilderBox (Erwin Wodicka)
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Aus Angst vor dem Untergang will der Präsident anderswo Land kaufen. Ab sofort werde seine Regierung einen Teil der Milliarden-Dollar-Einkünfte aus dem Tourismus dafür vorsorglich zur Seite legen.

LONDON/WIEN. Er ist der erste demokratisch gewählte Präsident der Malediven, er ist seit Dienstag offiziell im Amt, und man kann ihm nicht vorwerfen, dass er nicht an die Zukunft seines Volkes denken würde: Mohamed Nasheed plant den Kauf einer neuen Heimat, sollte die südasiatische Inselrepublik infolge der Klimaerwärmung eines Tages im Meer versinken.

Ab sofort werde seine Regierung einen Teil der Milliarden-Dollar-Einkünfte aus dem Tourismus dafür vorsorglich zur Seite legen, erklärte der frühere politische Gefangene Nasheed der britischen Zeitung „The Guardian“. „Wir können nichts tun, um den Klimawandel allein zu stoppen, deshalb müssen wir woanders Land kaufen.“

Indien oder Sri Lanka

Dafür hat er auch schon Ideen: Sri Lanka und Indien kämen in Frage, weil sie über ähnliches Klima sowie ähnliche Kultur und Küche verfügen. Eine andere Möglichkeit wäre das dünn besiedelte Australien. Gern würde Präsident Mohamed Nasheed das Inselparadies im Indischen Ozean freilich nicht verlassen. „Aber wir wollen auch nicht zu Klimaflüchtlingen werden, die jahrzehntelang in Zelten leben müssen.“

Von den 1200 Inseln der Malediven sind 250 bewohnt, der Großteil liegt nur eineinhalb Meter über dem Meeresspiegel. Sollte dieser auch nur wenig weiter ansteigen, würden weite Teile des Archipels überschwemmt, sagt Nasheed.

Mit seinen Sorgen ist der Präsident jenes Landes, das als erstes das Kyoto-Protokoll unterschrieb, nicht allein. Denn auch andere Inselparadiese versinken langsam im Meer. Erst heuer im Sommer bat Anote Tong, Präsident des südpazifischen 100.000-Einwohner-Inselstaats Kiribati, Neuseelands Regierung, mehr Siedler aus seinem Land aufzunehmen: Denn Kiribati werde es „in 60 Jahren nicht mehr geben“. Das benachbarte Inselreich Tuvalu hat schon ein Abkommen mit Neuseeland getroffen. Aber auch die Cook-Inseln, Fidschi oder die Bahamas werden evakuiert werden müssen.

„Das Unfaire ist, dass die Inseln im Indischen Ozean, im Pazifik und der Karibik kaum CO2-Verursacher sind, aber am meisten unter den Folgen des Klimawandels zu leiden haben“, sagt Lino Briguglio, Experte des Weltklimarats IPCC und zuständig für „Small Island States“, jene kleinen, tief liegenden Inseln, die von den Auswirkungen des Klimawandels besonders betroffen sind.

Es sei gut, dass sich Menschen wie der maledivische Präsident nun ernsthaft Gedanken über kommende Generationen machten, meint Briguglio zur „Presse“. „Es müssen ja ganze Gesellschaften übersiedelt werden, das geht nicht über Nacht.“

Wann genau die derzeit 380.000 Maledivenbewohner ihre Koffer packen müssen, lässt sich freilich schwer sagen. „Der Anstieg des Meeresspiegels ist ein großes Problem, aber auch eines mit einer großen Unsicherheit“, sagt Klaus Radunsky vom Umweltbundesamt, der für Österreich im Weltklimarat sitzt. „Fest steht, dass sich derzeit der Anstieg des Meeresspiegels noch beschleunigt.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.11.2008)

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