Geschmacksfrage: Palais Coburg

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Ein Besuch im neuen Palais Coburg bei Silvio Nickol: große französische Klassik, old School und neue Preise.

So sehnlichst wurde in Wien ein Küchenchef selten erwartet: Silvio Nickol ist im Palais Coburg an den Start gegangen. Nachdem mehrere Spitzenrestaurants geschlossen wurden und einige Küchenchefs aus der Topgastronomie ausgestiegen sind, hat man fast einen kulinarischen Minderwertigkeitskomplex. Ein solcher ist Nickol fremd, sein Ziel heißt klar: drei Michelin-Sterne. Das Palais Coburg wurde umgebaut und ist nun eine lila-dunkle Luxushöhle. Weniger Couverts hat kein Restaurant in dieser Liga, solche Preise auch nicht. Beim großen Menü lässt Nickol die Schallmauer von plus minus 100 weit hinter sich … das traute sich bisher keiner! Nickol wagt es mit 148 für das große Menü.
Betritt man das Palais, wird man erst einmal von einem halben Dutzend Mitarbeitern gestoppt, sie versuchen, einen ins Bistro umzuleiten. Nur wer gnadenlos weiterläuft und „Danke, nein!“ brüllt, kommt unbehelligt ans Ziel, also mit dem Lift ins echte Restaurant.

Dort erlebt man dann
die große Silvio-Nickol-Leistungsschau mit unglaublichem Personal- und Materialaufwand: Um die wenigen Tische wieseln Kellner, die – „Rote Bete“, „Schmand“ – nicht übertrieben Österreichisch sprechen. In der Küche fährt Nickol wie schon im „Schlossstern“ vor allem die französisch inspirierte Klassiklinie. Da wird an Lebensmitteln geschnitzt, andere werden souffliert und confiert, wie es heute kaum jemand kann. Diese hohe Kunst zeigt sich dann auch in einem Hauptgang: Die Taubenbrust wird in einem Soufflé quasi in Schichten serviert, all das in einer Rouennaiser Sauce und mit zu einem Fächer geschnittenen Maxime-Erdäpfeln serviert. Nicht ganz so old school wirkt ein geräuchertes Rindermark auf konfierten Schalotten, Espressoauszug und Wintertrüffeln, geschmacklich ziemlich genial. Im vegetarischen Menü punktet die falsche Jakobsmuschel, eine lange eingelegte weiße Rübe mit roten Rüben: geschmacklich dicht, nur vielleicht zu süß. Aber da man unweigerlich den Vergleich mit Heinz Reitbauer zieht: Bei anderen Gerichten wie der Tofu-Kombination „steirisch“ mit Kürbis-Mousse muss sich Nickol noch etwas mehr einfallen lassen. Wie überhaupt der Weg vom ersten Abend zu drei Sternen naturgemäß noch ein weiter wird.

TIPP

Palais Coburg, Coburgbastei 4, 1010. Tel.: 01/51818-0, Di bis Sa, 18 bis 22 Uhr

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