Let's make money: Facebook und Staatsanleihen

Lets make money Facebook
Lets make money Facebook(c) Dapd (Joerg Koch)
  • Drucken

Wohin die Reise in den nächsten Tagen und Wochen geht, lässt sich nur schwer abschätzen. Warum Facebook weiter nur für Hardcore-Zocker interessant ist und deutsche Staatsanleihen keine echte Alternative mehr sind.

Vorweg gleich einmal zur causa prima an den Börsen: Ist Facebook(ISIN US30303M1027) nach dem Kurssturz in die Region zwischen 32 und 33 Dollar jetzt ein Kauf? Die klare Antwort: Nein, wenn man einen mittel- bis längerfristigen Anlagehorizont hat. Objektiv gesehen ist das Papier auch mit 30 Dollar noch überbewertet. Und: Ein klarer Trend hat sich noch nicht herausgebildet.

Nach dem total verpatzten Börsenstart mit anschließendem Vollabsturz hat sich das Papier in den vergangenen Tagen knapp 20 Prozent unter dem Ausgabekurs stabilisiert. Wohin die Reise in den nächsten Tagen und Wochen geht, lässt sich aber nur schwer abschätzen. Denn jetzt sind die Kurzfristzocker am Werken.

Daher sollte also nur einsteigen, wer mit auf einige Tage angelegten Investments ein wenig dazuverdienen will – und auch mit schnellen Verlusten leben kann. Macht man das „long“ oder „short“? Tja, da gehen die Meinungen auseinander. Die Kollegen vom deutschen Fachmagazin „Der Aktionär“ meinen etwa, dass nach dem schweren Absturz zumindest eine kleine Zwischenrallye bis zum Ausgabepreis von 38 Dollar (das wäre immerhin ein Anstieg um ein Viertel) stattfinden müsste, die man aber eng mit einem Stopp bei 30,9 absichern sollte.

Ich halte das für riskant. Dagegen spricht nämlich, dass gegen Ende der Woche in den USA bereits ein außerordentlich großer Anteil der Aktien (33Mio. Stück, das entspricht knapp acht Prozent des Free Float) verliehen war. Aktien borgt man sich aus, um zu „shorten“. Wenn sehr viele Großanleger solcher Art auf fallende Kurse spekulieren, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass diese auch fallen.

Da kann man sich natürlich anhängen. Unterdessen bieten praktisch alle CFD-Broker auch Kleinanlegern die Möglichkeit an, mit Facebook stark gehebelt „short“ zu gehen. Wer kein CFD-Konto hat, kann das natürlich auch mit Zertifikaten oder Put-Optionen probieren. Aber auch das ist riskant und wird hier ungeübten Anlegern ausdrücklich nicht empfohlen.

Ein Beispiel anhand eines relativ willkürlich ausgesuchten Puts auf Facebook: Ein Investment von 1000 Euro in den weit „aus dem Geld“ liegenden Vontobel-Put auf Facebook mit der ISIN DE000VT46105 (Basispreis 20 Dollar) würde in der kommenden Woche (1. Juni) schon 1731 Euro wert sein, wenn der Facebook-Kurs bis dahin auf 25 Dollar sinkt. Oder auch nur 697, wenn er bis dahin auf 38 Dollar steigt.

Bei solchen Schwankungen versteht es sich von selbst, dass man die Position sofort glattstellt, wenn der Markt gegen einen zu laufen beginnt. Und erst gar nicht einsteigt, wenn man nicht Zeit und Lust hat, sich wirklich intensiv und ständig mit dem Markt zu befassen.

Das gilt derzeit übrigens für die gesamte Börse: Die übergeordneten Trends auf den wichtigen Märkten zeigen auf allen relevanten Zeitebenen nach unten. Dass es zuletzt kleine Gegenbewegungen gegeben hat, hängt nur mit „Eindeckungskäufen“ von shortenden Hedgefonds zusammen. Selbst denen wird der anhaltende Abwärtstrend bei derart überverkauften Märkten nämlich schon unheimlich.

Allerdings: Vor den griechischen Wahlen Mitte Juni wird es keine nachhaltige Trendwende geben. Und danach wird man sehen. Dann kann es auch sehr scharf nach unten gehen. Denn dass ein Griechen-Austritt aus dem Euro in den Kursen schon „eingepreist“ sei, wie einige Analysten hartnäckig behaupten, ist Unsinn. Wenn es dazu kommt, dann wird sich der Kursfahrstuhl scharf Richtung Keller in Bewegung setzen.

Mittelfristiges profitables Anlegen ist da schwierig. Zumal ja auch deutsche Staatsanleihen, die erstmals seit 70 Jahren eine negative Realverzinsung aufweisen, keine echte Alternative mehr sind. Da stehen die Zeichen markant auf Blasenbildung.

Wer an Aktien als Sachwerte glaubt, ist da mit langfristig gut aufgestellten Unternehmen, die entweder hohe Dividenden zahlen und/oder an der Börse krass unterbewertet sind, wahrscheinlich besser dran. Anbieten würden sich in dieser Kategorie etwa Siemens(ISIN DE0007236101) in Deutschland (hat gerade erst Kaufempfehlungen von Commerzbank und Deutscher Bank bekommen), die Biotech-Aktie Gilead Sciences(ISIN US3755581036) in den USA und der russische Energieriese Gazprom(ISIN US3682872078), der hierzulande als Aktienzertifikat (American Depository Receipt, ADR) gehandelt wird.

josef.urschitz@diepresse.com diepresse.com/money

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.05.2012)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.