Konzerthaus: Wisch und nicht weg

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Das Klangforum Wien diesmal auf Rundreise durch Skandinavien: Allerlei hübsche Geräuschideen, aber mangelndes Timing ohne echten musikalischen Gewinn.

Haben Sie schon einmal gehört, was bei einem mp3-File fehlt? Also jene Sounds, die bei der digitalen Kompression aus Audiodaten herausgefiltert werden? Es sind schmutzige Schatten, charakteristische Konturen, die das Original noch erahnen lassen, aber weitgehend aus Geräuschen bestehen. So ähnlich klingt „irimi“ der schwedischen Komponistin Malin Bång: Wischen, Kratzen, Schaben, das Reiben von Stäben über das Holz von Streicherbögen, von Kunststoffschüsseln und Fingerhüten auf Harfensaiten, das Klopfen von Metall auf Holz. Und „aktive Stille“ verbreiten für Bång offenbar jene lautlosen Gesten, die sie den Musikern zusätzlich verordnet, die in ihrer Wirkung aber seltsam hohl bleiben...

Auf seiner Rundfahrt unter dem Titel „europa, GLOBAL“ erkundete das hingebungsvolle Klangforum Wien mit dem stets klar die Richtung weisenden Reiseleiter Peter Rundel am Pult diesmal Skandinavien, und Båmgs Werk war die erste angesteuerte Station: ein anfangs nicht uninteressanter, aber dann zu langer, sich selbst und die Zuhörer erschöpfender Halt ohne echten musikalischen Gewinn.

Charmante Rückkopplungen

Ergiebiger war „On And Off And To And Fro“ des Dänen Simon Steen-Andersen. Der nützt auch Geräusche, etwa das Reiben von Holzstücken, sowie allerlei akustische Spielereien mit drei als Musikinstrumenten behandelten Megafonen. Doch gibt es dazu zwischen undefinierbar tiefem Kontrabassgrundeln und fiependen Saxofontönen minimalistisch anmutende musikalische Gestalten und ein hübsches Konglomerat aus humoristischen Effekten, poetischem Dampfmaschinenächzen und charmanten Rückkopplungen. Doch spätestens im letzten Drittel trat das Stück nur noch auf der Stelle. Ein früheres „Off“ hätte geholfen.

Timing, das fehlte den Werken des Abends wohl am deutlichsten. Oder der Komponist verzichtete von vornherein darauf. In „Eraser's Edge“ schafft der Norweger Ole-Henrik Moe mit rasch wechselnden Basstönen des Klaviers ein maschinenhaft dumpfes Grollen, über das die Violine von starkem Vibrato gekräuselte Kratzer und Winsler legt: Eine Weile war das stimmungsvoll. Als Finale dann „Erstarrung“ des auch in Oslo ausgebildeten Amerikaners Evan Gardner, groß besetzt und für den gewählten Titel überraschend belebt, farbig, insgesamt aber nicht recht konzis.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.02.2013)

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