Alle raten jetzt zu Aktien - doch welche soll man kaufen?

Alle raten jetzt Aktien
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Selten waren die Empfehlungen der Experten so eindeutig wie zu Beginn des Jahres. Ihnen zufolge sind Aktien heuer das beste Investment. Die große Umschichtung beginnt bereits.

Wien. An jeder Ecke werden Aktien heute als Ausweg aus dem Anlagenotstand propagiert. Sie seien billig, werfen eine höhere laufende Rendite ab als Anleihen – und nachdem die Eurokrise an den Börsen abgehakt zu sein scheint, könne ja nicht mehr viel schief gehen. So lautet sinngemäß die Begründung der Anlagestrategen für den gegenwärtigen Aktienhype.

Tatsächlich führt im Moment kaum ein Weg an Aktien vorbei. Die Renditen auf dem Sparbuch sind immer noch mikroskopisch klein und dürften auch in diesem Jahr zu deutlichen Kaufkraftverlusten führen. Sichere Anleihen von Staaten oder Unternehmen werfen auch nicht viel mehr ab. An den Märkten wird daher schon die „Great Rotation“, die „große Umschichtung“, ausgerufen. Fondsmanager setzen so stark auf Aktien wie zuletzt vor Ausbruch der Finanzkrise, wie Daten vom Jahresbeginn zeigen.

Laut den Anlageexperten der Allianz Versicherung dürften sie auch einiges aufzuholen haben. „Der Kursanstieg von 2012 ist an den meisten Anlegern vorbeigegangen“, sagt Christian Ramberger, Geschäftsführer der Allianz Invest KAG. Allein mit dem DAX hätten sie 29 Prozent gewinnen können, mit dem ATX rund 27 Prozent. Auch wenn man bei den eigenen Kunden nur ein langsam steigendes Interesse an Aktien spüre, ist sich Ramberger sicher: 2013 werden viele Investoren auf den Aktienmarkt zurückkehren. Und die Kurse unterstützen.

Auch einige andere Faktoren sprächen momentan für Aktien. Sie seien trotz aller Kursanstiege günstig bewertet, was sich am durchschnittlichen Kurs-Gewinn-Verhältnis des MSCI World ablesen lässt. Mit rund zwölf liege dies noch weit unter dem langjährigen Schnitt von über 15. Auch andere Kennzahlen wie das Kurs-Buchwert-Verhältnis deuteten auf eine günstige Bewertung hin. Dazu komme, dass die Unternehmen nach wie vor gut dastehen.

Lage in Europa hat sich entspannt

Fragt sich nur, welche Aktien man jetzt kaufen sollte. Die Allianz rät zum einen zu Anteilsscheinen aus Europa. Diese sind zwar vergangenes Jahr schon deutlicher gestiegen als ihre Pendants aus den Vereinigten Staaten, hätten aber trotzdem die besseren Aussichten. Tatsächlich ist die Nervosität der Anleger auf ein Tief gefallen, nachdem sich die Situation für die Euro-Peripherieländer verbessert hat. Dazu hat auch die Ankündigung der EZB beigetragen, notfalls in die Bresche zu springen und Staatsanleihen angeschlagener Euroländer zu kaufen.

Auch Alfred Reisenberger von der Wiener Privatbank ist der Meinung, dass Europa das Schlimmste schon hinter sich hat. „Die Schuldenkrise ist zwar nicht gelöst, aber sie ist dabei, gelöst zu werden.“ Die Nervosität der Anleger sei gewichen, was sich an den niedrigeren Anleihezinsen der Peripherieländer ablesen lasse. Spanien, Italien und Co. müssen heute deutlich weniger zahlen als noch vor einem halben Jahr, wenn sie neue Schulden aufnehmen. Und spätestens im zweiten Halbjahr sollte auch die Konjunktur wieder anziehen.

Reisenberger würde heuer 50 Prozent seines Aktienbudgets in Europa investieren, erklärt er. Der Vermögensverwalter Wolfgang Matjeka, ein Partner der Wiener Privatbank, hält die Bewertung europäischer Aktien für den Hauptgrund, diese zu kaufen. Ein weiterer Grund, der für europäische Aktien spreche: Internationale Investoren seien hier zuletzt untergewichtet gewesen und hätten damit Aufholbedarf. Ihre Rückkehr nach Europa habe auch schon begonnen.

Von der Rückkehr der Risikolust profitiert aber nicht nur Europa, sondern auch die Schwellenländer. Die Allianz sieht dort neben Europa die besten Investitionschancen in diesem Jahr. Der Hauptgrund dafür: Die von vielen Investoren befürchtete „harte Landung“ in China sei vorerst ausgeblieben. Nach dem Regierungswechsel werde jetzt wieder von einer Beschleunigung des Wachstums ausgegangen. Deswegen würde auch die Region Asien bevorzugt.

Die Fondsexperten der Erste Sparinvest machen sich indes für Osteuropa stark. Speziell Russland hat es ihnen angetan, vor allem wegen der niedrigen Bewertung. Das sieht man bei der Wiener Privatbank etwas kritischer: Der russische Aktienmarkt sei wegen der vielen Energiefirmen stark vom Ölpreis abhängig, sagt Reisenberger. Dieser dürfte wegen der starken Förderung von Schiefergas in den USA in der nächsten Zeit aber unter Druck kommen. Alles in allem würde Reisenberger aber 30 Prozent seines Aktienbudgets in Schwellenländer stecken.

Die USA sieht man bei der Allianz gegenüber Europa im Nachteil. In den dortigen Aktienmarkt sei schon in den vergangenen Jahren viel Geld geflossen – wegen der schleppenden Konjunktur und der auch dort schwelenden Schuldenproblematik könnten es sich Investoren aber nun anders überlegen. Trotz allem seien die USA noch immer die größte Volkswirtschaft der Welt, gibt Reisenberger zu bedenken. Und vom Häusermarkt – der sich zu erholen beginnt – komme ein sehr positives Signal.

Aktiv oder passiv investieren?

Bleibt noch die Frage, wie man in diesem Jahr investieren sollte. Einzelaktien sind die riskanteste Variante – darauf sollten nur jene setzen, die sich gern mit ihrem Portfolio beschäftigen und schnell auf Bewegungen an der Börse reagieren können. Wer sein Portfolio breit streuen möchte, kann auf Fonds setzen. Professionelle Vermögensverwalter werden dieser Tage wieder nicht müde zu betonen, wie wichtig die Auswahl der richtigen Titel ist. Allerdings müssten sie den Index schon deutlich schlagen, um ihre Gebühren zu rechtfertigen. Wer nicht glaubt, dass die Fondsmanager das hinbekommen, kann auf einen günstigen Indexfonds setzen, zum Beispiel auf einen, der den EuroStoxx50 abbildet. Die Kosten dafür machen nur einen Bruchteil aus.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.01.2013)

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