Schule: „Containerklassen“ als Dauereinrichtung

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Für 200.000 Schüler startet am Montag der Unterricht. Viele kehren in frisch sanierte Klassen zurück, mehrere tausend aber in Container, auch weil Platz für den Ausbau der Nachmittagsbetreuung gebraucht wird.

Wien. Man hat sich sichtlich bemüht, das Übel möglichst gering zu halten: Ein knallroter Anstrich außen, dazu blaue Fensterrahmen, innen ein freundliches Gelb. Auch so können Baucontainer aussehen, wenn sie zu Schulen umfunktioniert werden. Auf zwei Stockwerken sind hier in einem Container auf dem Schulhof vier Klassen und somit 100 Schüler der Kooperativen Mittelschule (KMS) Knöllgasse in Wien Favoriten untergebracht.

Und zwar dauerhaft, für mindestens zehn Jahre. Seit die Hauptschule 2009 zur KMS wurde, wurden Klassenzimmer als Speisesaal und Freizeiträume adaptiert – vier Klassen mussten in den Container weichen, der durch einen verglasten Gang im ersten Stock mit dem Hauptgebäude verbunden ist. Kostenpunkt: 780.000 Euro, „ein Zubau wäre natürlich deutlich teurer“, sagt Lisbeth Rössler, die bei der MA56 (Wiener Schulen) das Neubaumanagement leitet. In ganz Wien wird es im am Montag startenden Schuljahr 214 Containerklassen an 46 Schulen geben.

Viele der heftig umstrittenen Containerschulen – die seit den 1970ern zum Einsatz kommen – sind provisorisch ausgelegt, während das eigentliche Schulgebäude saniert wird. So wurden die Container der Volksschule Hugo-Meisl-Weg in diesem Sommer wieder abgetragen. Andernorts sind die Container zur permanenten Einrichtung geworden, wie im Fall der VS Svetelskystraße in Simmering.

Mehr Ganztagsvolksschulen

Wobei die Stadt den Begriff „Containerschule“ nicht gerne hört und lieber von „mobilen Klassen“ spricht. Im Büro von Bildungsstadtrat Christian Oxonitsch (SPÖ) hat man sich im Versuch, die unpopuläre Maßnahme schönzureden, gar den Begriff „Pavillon“ ausgedacht. Was dann doch, bunter Anstrich hin, moderne Ausstattung her, zu hoch gegriffen scheint: Denn auch wenn es innen mehr nach echter Schule, weniger nach Baucontainer aussieht als man glauben würde und die Klassen im Vergleich zu jenen im sanierungsbedürftigen Hauptgebäude schöner sind: Alles wirkt – sogar ohne Schüler – etwas eng, die kleinen Fenster lassen nur wenig Licht herein.

Zudem sei es „in den warmen Monaten unerträglich heiß“, sagt Norbert Kappel, der an der KMS Deutsch und Geschichte unterrichtet. Und zwei WCs für 50 Schüler pro Stock seien zu wenig. Sonst sei die Ausstattung auch dank eigenem Garderobenraum ideal. Weil die Klassen deutlich niedriger sind, lässt Direktor Helmut Dobiasch nur die ersten und zweiten Klassen im Container unterrichten, die älteren Schüler „sind einfach zu groß“.

Containerklassen sind aber nicht die einzige bauliche Maßnahme an Wiens Schulen. Kommenden Montag werden viele der mehr als 200.000 Schulkinder in sanierte oder umgebaute Schulen einziehen. Im Rahmen des Schulsanierungspakets, das bis 2017 läuft, hat Wien allein heuer 55 Mio. Euro investiert. Der Schulbau sei ein „Jahrhundertprojekt für die Stadt“, sagt Rolf Bellak, zuständiger Projektleiter bei der MA56. Bis dato wurden und werden 142 Pflichtschulen saniert, mit Ende 2011 werden voraussichtlich 25 Schulgebäude komplett fertig sein. „Der Schulstart ist in allen Gebäuden sichergestellt, die Arbeiten sind großteils wie geplant fertig,“, sagt Bellak. Für den Notfall gebe es ein Krisenmangement – wenn sich etwa der Einbau von Türen verzögert –, dieses werde aber nicht in Kraft treten müssen. Im nächsten Jahr werden nach derzeitigem Stand 128 Schulen saniert.

In Wien starten zusätzlich zu den bisherigen 25 Standorten auch vier neue Ganztagsvolksschulen: Neu gestaltet wurde die Infrastruktur in der Lorenz-Mandl-Gasse (Ottakring). Am Hundsturm in Margareten musste lediglich die Organisation umgestellt werden, die Schule war schon zuvor mit Nachmittagsbetreuung in Betrieb. Dasselbe gilt für die Halirschgasse (Hernals) und die Wagramer Straße (Donaustadt). Unverändert bleibt die Anzahl von vier Hauptschulen und drei AHS-Standorten mit Ganztagsbetrieb: Somit hat Wien nun 36 echte Ganztagsschulen, an denen sich Unterrichtszeit und Freizeit abwechseln. Mit der Umsetzung des Wahlkampfversprechens, in den nächsten sieben Jahren in jedem Bezirk eine Ganztagsschule einzurichten, liegt man damit ganz gut im Zeitplan, auch wenn sie derzeit nicht regelmäßig auf alle Bezirke verteilt sind. Wobei naturgemäß der Bedarf in manchen Stadtteilen größer ist als in anderen: So gibt es in der bevölkerungsreichen Donaustadt fünf, in der Inneren Stadt bislang keine Ganztagsschule. Insgesamt werden für den Ausbau der schulischen Tagesbetreuung von heuer bis 2014 in Wien 320 Mio. ausgegeben.

Campusprojekte entstehen

Nicht fertig sind einige Campusprojekte: Der Bildungscampus Donaufeld Nord ist noch in Bau, dort entstehen ein Kindergarten und eine Ganztagsvolksschule mit 13 Klassen. Am Hauptbahnhof Wien ist ein Campus in Planung, in den 2014 Kindergarten, Volksschule und Hauptschule einziehen sollen.

Auch die Bundesimmobiliengesellschaft, die für die höheren Schulen Wiens zuständig ist, führte rund 664 Instandhaltungsarbeiten durch. Zwei Großprojekte sind im Juli gestartet: Die Erweiterung des BRG Diefenbachgasse (15. Bezirk; elf Mio. Euro) und der HAK Polgarstraße (22. Bezirk, 22 Mio. Euro). Das größte in Bau befindliche Projekt in Wien, die Erweiterung und Sanierung der HTBLV für Textilindustrie in der Spengergasse (fünfter Bezirk), ist in der Endphase. Um 32 Mio. Euro wird das historische Gebäude bis 2012 um 7000m vergrößert und modernisiert.

Auf einen Blick

200.000 Schüler gibt es im kommenden Schuljahr in Wien. Die Stadt hat heuer 55 Millionen Euro in die Sanierung der Schulgebäude investiert, 142 Pflichtschulen sind renoviert worden.

Zusätzlich werden von heuer bis 2014 320 Mio. Euro in den Ausbau der schulischen Tagesbetreuung investiert. Heuer wurden vier Volksschulen zu Ganztagsschulen ausgebaut, insgesamt gibt es nun 36 Ganztagsschulen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.09.2011)

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