Reality-TV: Alles echt?

(c) Illustration: Stefanie Hilgarth / Caroline Seidler
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Ein Schauspiellehrer betreibt in New York eine Schule für Menschen, die den schnellen Ruhm im Reality-TV suchen. und führt so den „Reality“-Faktor ad absurdum.

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Die TV-Stars in spe stolpern durch ein Spalier ihrer Kollegen, werden angeschrien, lächerlich gemacht und beleidigt: „Du bist abgrundtief schlecht!“, brüllt einer. Was die meisten von uns für einen Spießrutenlauf halten würden, nennt Schauspiellehrer Robert Galinsky „Ausdauertraining für die Emotionen“. Galinsky ist Gründer der ersten New Yorker Reality-TV-Schule, einer Anlaufstelle für alle, die vom schnellen Ruhm träumen und hoffen, bei US-Shows wie „Big Brother“, „Bachelor“ oder „American Idol“ (vergleichbar mit „Starmania“) als Sieger hervorzugehen. Die Kursteilnehmer sind Hausfrauen, Feuerwehrmänner oder Sprechstundenhilfen. 299 Dollar (etwa 206 Euro) kostet ein Fünf-Tage-Kurs, die Termine sind auf Monate hinaus ausgebucht. Hauptziel ist, den Teilnehmern beizubringen, sich vor der Kamera frei und ungezwungen zu bewegen. Und so den „Reality“-Faktor ganz schön ad absurdum zu führen.

Dafür heuert Galinsky eigens Kameraleute an. Die nächste Übung im Programm ist zwar kein Spießrutenlauf, aber für manche nicht weniger peinlich. Galinsky will, dass seine Schüler vor den Kameras tanzen. „Bei meiner Oma im Altersheim habe ich bessere Tänzer gesehen“, kommentiert er aufmunternd. Man braucht ein dickes Fell, und schnell wird klar, dass die Teilnehmer mehr wollen als nur ein paar Stunden Big-Brother-Ruhm. Ihre Vorbilder sind Reality-TV-Erfolgsgeschichten wie die von Jennifer Hudson, die es von der „American-Idol“-Finalistin zu Oscar-Ehren für die beste Nebenrolle in „Dreamgirls“ gebracht hat.

Guter Tipp: ausziehen. Und die Voraussetzungen sind nicht die schlechtesten: Immerhin ist Galinsky seit Jahren im Schauspielgeschäft. Zu seinen berühmtesten Kunden zählen Hollywoodschauspieler Willem Dafoe und Rapper 50 Cent. Galinskys Credo lautet: „Arbeite klar heraus, was dich einzigartig macht.“ Auf die Idee mit der Reality-TV-Schule kam er, als ihn sein Schüler Jorge Bendersky um Tipps bat, wie man sich als Kandidat am besten auf eine Reality-TV-Show vorbereitet. Die Show „Dog Groomer“ suchte den besten Hundefriseur der USA, Bendersky kam unter die letzen drei – Qualifikation genug, um heute als Gastdozent in Galinskys Reality-TV-Schule zu wirken.

Die besten Tipps des Hundefriseurs: sei vor jeder Kamera hübsch, sei ein Held, trainiere deinen Körper, zieh dich irgendwann einmal aus. Neue Schüler müssen sich solchen Reality-TV-„Ruhm“ erst noch erarbeiten. Jessica Krant etwa ist Dermatologin und will lernen, „wie man sich vor einer Kamera gut bewegt“. Barfrau Renne Rogoff, 30 und gut aussehend: „ Ich höre andauernd, dass ich lustig bin und Leute unterhalten kann.“ Gute Chancen für sie, sich vor aller Welt zu blamieren, auch wenn der Trend seit einiger Zeit dahin geht, Halbprominente bloßzustellen. Wie in „Armed and Famous“: „Prominente“ der C-Kategorie spielen Polizeistreife in einem Kaff in Indiana. Zu den Show-Höhepunkten zählt LaToya Jacksons schmerzhafte Begegnung mit einer Elektroschockpistole.

Robert Galinsky ist Optimist und sagt solchen Formaten eine glänzende Zukunft voraus: „Reality TV ist dem Internet nicht unähnlich. In Zukunft wird es jeder machen können. Und ich glaube, wir werden noch mehr, dabei  auch bessere und interessantere Shows sehen.“ Und seine Schule hätte ihr Ziel verfehlt, wenn sie nicht schon die Aufmerksamkeit amerikanischer TV-Produzenten auf sich gezogen hätte. Galinsky verrät, er sei in ernsthaften Verhandlungen über eine Show, die das Treiben in seiner Schule zum Inhalt macht. Mehr Reality-TV geht nicht.

New York Reality TV School
www.newyorkrealitytvschool.com

Starmania
Die vierte Runde der ORF-Castingshow startet am 17. 10.

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