NSU-Angeklagte ist „voll schuldfähig“

NSU-Prozess: Zschaepe meldet sich zum ersten Mal zu Wort
NSU-Prozess: Zschaepe meldet sich zum ersten Mal zu WortAPA/AP Pool/Matthias Schrader
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Der psychiatrische Gutachter glaubt Beate Zschäpe nicht, dass sie dem Nationalsozialismus abgeschworen hat. Er hält sie immer noch für gefährlich.

Berlin/München. Beate Zschäpe, die Hauptangeklagte im NSU-Prozess, ist nach Einschätzung des psychiatrischen Gutachters voll schuldfähig. Es gebe keine Hinweise auf eine eingeschränkte Schuldfähigkeit, sagte Henning Saß am Mittwoch vor dem Oberlandesgericht München. Sollte Zschäpe im Sinne der Anklage verurteilt werden, stünde einer anschließenden Haft nichts entgegen.

Saß kam außerdem zu dem Schluss, dass die Angeklagte immer noch gefährlich werden könnte. Es gebe keine Anhaltspunkte für eine Verhaltensänderung. Daher müsse man davon ausgehen, dass die 42-Jährige ihr rechtsextremes Gedankengut weiterpflegen würde, sollte sie die Möglichkeit dazu haben. Zu einem persönlichen Gespräch war es allerdings nie gekommen – Zschäpe hatte die Zusammenarbeit mit dem Gutachter verweigert.

Saß sollte ursprünglich schon im Dezember befragt werden, um die Beweisaufnahme abzuschließen. Zschäpes Verteidiger hatte dies jedoch mit Anträgen verzögert. Die psychiatrische Expertise könnte eine entscheidende Rolle für das Strafmaß spielen.

Mit Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos hatte Beate Zschäpe die Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) gebildet. Fast 14 Jahre lang lebte das Trio im Untergrund. Böhnhardt und Mundlos sollen zwischen 2000 und 2011 neun Unternehmer mit ausländischen Wurzeln und eine Polizistin getötet haben. Ihrer Verhaftung entzogen sich die beiden durch Suizid. Zschäpe steht seit 2013 wegen Mittäterschaft vor Gericht. Die Bundesanwaltschaft wirft ihr vor, an den Taten mitgewirkt und die rassistischen Ziele der Gruppe geteilt zu haben.

Zschäpe gibt sich reumütig

Zschäpe bestreitet die Mittäterschaft und gibt sich reumütig. Ende September hatte sie zum ersten Mal im Prozess das Wort ergriffen. In einer kurzen Erklärung distanzierte sie sich von den Taten und versicherte, eine andere Person geworden zu sein: Sie verurteile, was Böhnhardt und Mundlos den Opfern angetan hätten und bedaure ihr eigenes Fehlverhalten.

Früher, sagte Zschäpe, habe sie sich „durchaus mit Teilen des nationalistischen Gedankenguts“ identifiziert. Das sei allerdings nicht mehr so. „Heute beurteile ich Menschen nicht nach Herkunft und politischer Einstellung, sondern nach ihrem Benehmen.“ (pri)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.01.2017)

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