Ein Schritt vor, Ex-Genossen, und dann zwei zurück!

HEINISCH-HOSEK
HEINISCH-HOSEK(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
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Die 180-Grad-Wendung wird der Bildungsministerin nur bedingt helfen. Das Sparziel bleibt. Die sichtbar gewordene Zerrissenheit der SPÖ auch.

Es ist nicht das erste Mal, dass Sparpläne in letzter Sekunde wieder abgesagt werden. Eine echte Premiere wäre es gewesen, würden einmal Steuererhöhungen knapp vor Beschluss zurückgenommen. Der panikartige Rückzug von Gabriele Heinisch-Hosek ist aber dennoch in vielfacher Hinsicht bemerkenswert. Die Bildungsministerin hat am Karfreitag vorgezeigt, wie wichtig und ernsthaft Budgetverhandlungen innerhalb der Regierung sind: völlig irrelevant. Ganz egal, wer mit wem was vereinbart, ab sofort wissen wir: Es reichen schon ein paar Abgeordnete und ein ohnehin schwacher Landeshauptmann wie der Schuldenkaiser Kärntens, und schon ist alles vom Tisch, was kurz zuvor offiziell verkündet worden ist.

Das heißt nicht, dass alle Sparpläne im Bildungsressort grundvernünftig sind. Aber der Begriff Budgetdisziplin besteht aus zwei Wörtern. Der Rückzug Heinisch-Hoseks wird in den kommenden Wochen als allseits bejubelter Präzedenzfall gelesen werden: Mit Protest, Lautstärke und parteiinternem Druck bekommt man jede Maßnahme wieder weg. Und: Einer der Kernpunkte der Sparmaßnahmen war ein gerecht klingender. Vor allem jene Bundesländer hätten mit härteren Sparmaßnahmen rechnen müssen, die den Stellenplan mit dem Bund am stärksten überzogen haben. Soll also im Umkehrschluss heißen: Die, die sich am einfachsten über eine Vereinbarung hinwegsetzen, werden nun geschont. Prima Signalwirkung, Frau Lehrerin!


Natürlich kann man darüber philosophieren, ob und wie weit in der Bildungspolitik überhaupt gespart werden soll, wenn man sich fette Förderungen für die Landwirtschaft und eine absurde Systematik im Pensionsbereich oder beim Föderalismus leistet. Doch genau darum geht es nicht: In der jetzigen Budgetsituation – die durch die einstige Kärntner FPÖ-Landesregierung mittels Hypo-Alpe-Adria-Wahnsinns massiv verschärft wurde – muss überall gespart werden. (Die Steuern wurden zuvor ohnehin wieder einmal erhöht.)

Das betrifft auch die Schulen und da vor allem die Lehrer. Anders formuliert: Könnte man im Dienstrecht noch einmal etwas machen und im Gegensatz doch mehr junge Lehrer anstellen? Nein, verehrte Gewerkschaft? Dann wird Heinisch-Hosek das Sparziel auch erfüllen müssen. Nur eben woanders.

Dass sich am Freitag sofort mehrere SPÖ-Spitzenpolitiker wie Josef Ostermayer auf ihre Seite gestellt haben, zeigt ein tiefes Problem und die enorme Ängstlichkeit der SPÖ. Während in der ÖVP schon seit Langem jeder siebente Zwerg von rechts hinten – ja, davon gibt es sehr, sehr viele – jeden gerade aktuellen Parteiobmann angreifen darf, war in der SPÖ Staatsräson-Ruhe angesagt. Kritik an Stil, Chef oder Null-Programmatik wird nur intern formuliert. Der Aufschrei wegen eines zweistelligen Millionenbetrags – sogar in der Osterferienwoche – zeigt deutlich: In der SPÖ gärt es ebenso.


In den kommenden Monaten wird das vermutlich noch zunehmen: Das Budget wird nicht mehr. Und die EU-Wahl wird kein Siegeszug der Faymann-Erfindung Eugen Freund. Bei der Vorarlberger Landtagswahl im Herbst gibt es für die SPÖ traditionell nichts zu holen. Die Rest-Landesgruppe vor Ort würde aber wohl eher mit der regionalen FPÖ oder den ländlichen Neos denn mit der Bundes-SPÖ koalieren. Danach droht aber bereits die eigentliche SPÖ-Schicksalswahl, also die letzte, bei der die SPÖ noch viel verlieren kann: Wien. Geht die Fieberkurve der Bundes-SPÖ so weiter, gehen die Umfragen für die Wiener SPÖ hinunter, färbt sich der Kopf dunkelrot. Dann wird Bürgermeister Michael Häupl weiter auf Distanz zur Bundespartei gegen und diese samt Bundesregierung wieder einmal vor sich hertreiben. Wenn Herr Kaiser schon beim Thema Bildungsbudget Druck machen kann – Häupl und seine Wiener können noch viel mehr.

Zuletzt hat Josef Ostermayer wieder einmal – und durchaus zu Recht – sein Unverständnis über die negative Haltung der Medien gegenüber der Regierung formuliert. Allein: Uns braucht es dafür gar nicht. Die Regierung und die dazugehörigen Parteien erledigen den Job gleich mit.

E-Mails an: rainer.nowak@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.04.2014)

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