Neue FH-Studien: Akademische Fachkräfte für die Wirtschaft

Von KMU-Experten bis zu Food-Technologen: Fachhochschulen kommen dem Spezialisierungsbedarf der Wirtschaft nach.

Sechs Semester studieren und dann einen Klein- oder Mittelbetrieb (mit-)managen? Genau das sollen Absolventen des berufsbegleitenden Bachelors KMU-Management & Entrepreneurship können. 99 Prozent der österreichischen Betriebe gehören laut Studiengangsleiter Veit Kohnhauser dem KMU-Sektor an.

Quereinsteiger in die KMU

Der erhobene große Bedarf an Ausbildung für diese Zielgruppe wurde durch die Nachfrage von Bewerbern bestätigt. „Wir haben 30 Studienplätze pro Jahr geplant. Bereits heuer hatten wir über 60 Interessenten und haben den Lehrgang mit 41 Studierenden gestartet“, sagt Kohnhauser. Diese ersten Studierenden verfügten durchschnittlich über mehr als zehn Jahre Berufserfahrung.

Abgesehen davon ist die Gruppe sehr unterschiedlich zusammengesetzt, „von Sprengstoffexperten über IT-Spezialisten bis hin zu Führungskräften aus dem öffentlichen Dienst und Mitarbeitern aus unterschiedlichsten Organisationen“, so Kohnhauser. Ihnen allen werde im Salzburger Studiengang ein solides betriebswirtschaftliches Fundament vermittelt, kombiniert mit Inhalten, die speziell für KMU interessant sind. Auch soll laut Kohnhauser ein gewisser Freiraum ermöglicht werden. „Wir haben in unserem Curriculum Entwicklungsräume verankert, in denen die Studierenden neue Ideen und Konzepte in reale Geschäftsideen transferieren können. Wir erwarten uns dadurch einen Impuls für Klein- und Mittelbetriebe nicht nur in Salzburg, sondern in ganz Österreich, und eine Stärkung der Gründungsszene in der gesamten Region.“

Der Bachelor ist damit ein typischer Vertreter einer bewährten Art: Im Fokus stehen Fächer und Lehrinhalte, die sich an den Bedürfnissen der Wirtschaft orientieren. Und er ist nicht der Einzige, der neu im FH-Angebot ist.

Lebensmittel von A bis Z

Als Sicherung der heimischen Wertschöpfung und Innovationsfähigkeit sieht auch das Management Center Innsbruck (MCI) sein neues Masterstudium Lebensmittel & Rohstoffwirtschaft. Das Programm schließt an das gleichnamige Bachelorstudium des MCI an, steht aber auch Absolventen anderer Disziplinen offen. „Das Studium richtet sich an Interessierte, die sich im naturwissenschaftlichen, ingenieurwissenschaftlichen und betriebswirtschaftlichen Bereich weiterbilden und einfach gern mit Lebensmitteln und in der Lebensmittelwirtschaft arbeiten wollen. Schwerpunkte der Ausbildung sind das Konzipieren, Optimieren und Steuern intelligenter Produktentwicklung wie Herstellungsverfahren und Verpackung im Bereich natürlicher Rohstoffe, gesunder Lebensmittel, biologischen Functional and Convenience Foods sowie biogener Nebenprodukte“, so Studiengangsleiterin Katrin Bach.

Aus der Tradition des MCI als unternehmerische Hochschule sei man der Wirtschaft und den Unternehmen verpflichtet. Bach: „Es treiben uns Fragen an wie: Welche Kennzeichnungen sind notwendig? Welche Innovationen sind möglich? Wie kann Rohstoff- und Versorgungssicherheit aufrechterhalten werden?“ Seit der Gründung des MCI-Departments Lebensmittel und biogene Rohstoffe wurden zahlreiche anwendungsorientierte Forschungs- und Entwicklungsprojekte realisiert. „Beispiele dafür sind die Auswirkung von Verpackung und Lagerungsbedingungen auf Rohmaterialien, Verwertungskonzepte von Lebensmittelabfällen und die Entwicklung von neuen Produktkonzepten.“

An der FH Technikum Wien ist im September das neue Bachelorstudium für Maschinenbau angelaufen – ein Programm, das auf den hohen Bedarf der Wirtschaft an Maschinenbau-Absolventen reagiert und daher – ein österreichweites Novum – zu einem Fünftel vom Fachverband Maschinen- und Metallwarenindustrie mitfinanziert wird. „Die Betriebe suchen händeringend nach Maschinenbauern“, sagt Studiengangsleiter Erich Markl. „Als wir die Möglichkeit einbrachten, zu den veranschlagten 48Studienplätzen zwölf zusätzliche durch den Fachverband finanzieren zu können, waren die Reaktionen sehr positiv, zumal ja an die Fachverbandsfinanzierung keinerlei Auflagen geknüpft sind.“ Die Unterstützung durch die Wirtschaft wirkt sich laut Markl auch in den Laboren vorteilhaft aus, wo man über zahlreiche Maschinen auf dem letzten Stand der Technik verfügt und Arbeiten in Kleingruppen möglich ist. Der Praxisbezug wird außerdem dadurch gewährleistet, dass die Studierenden ein ganzes Semester ausschließlich in einem Betrieb verbringen.

HTL-Absolventen und anderweitig fachlich vorgebildete Personen haben die Möglichkeit, in das zweite oder dritte Semester quer einzusteigen. Außerdem ist man stolz auf einen Frauenanteil von zwölf Prozent.

Angedacht ist, ab 2017 auch ein auf den Bachelor aufbauendes Masterstudium für Maschinenbau an der FH Technikum Wien anzubieten.

IT rund um den Menschen

Eine innovative Verbindung von Informatik und Humanwissenschaften hat die FH Oberösterreich ins Leben gerufen. Human-Centered Computing nennt sich das berufsbegleitende Masterstudium, das am Standort Hagenberg angeboten wird und mit Partnern wie der TU Wien und den Universitäten Salzburg, Bamberg und Toulouse entwickelt wurde. Weder anderswo in Österreich noch in der Schweiz werde bisher Ähnliches angeboten, sagt Studiengangsleiter Werner Kurschl. Einzig in Deutschland gebe es bisher einige derartige Ansätze in den Informatikstudien. Ziel von Human-Centered Computing ist die Entwicklung von Systemen, die sich an die unterschiedlichen kognitiven und motorischen Fähigkeiten ihrer Anwender anpassen, zum Beispiel wenn situations- oder altersbedingt bestimmte Fähigkeiten beeinträchtigt sind. Für das Studium brauche es zu rund 60 Prozent Informatik-Know-how, sagt Kurschl. „Die verbleibenden 40 Prozent umfassen humanwissenschaftliche Themen wie: Design Thinking zur Innovationsentwicklung, Psychologie und Physiologie, interkulturelle Kommunikation sowie Change Management.“ Die Absolventen sollten sich laut Kurschl durch sogenannte T-Shaped Skills auszeichnen, dabei sind vertiefte Kenntnisse in einem Bereich mit breiten Fähigkeiten in der Zusammenarbeit kombiniert. Dadurch sollen sie sich für interdisziplinäre Teams eignen, in denen gleichberechtigt und empathisch am selben Produkt gearbeitet werde. „Das steht im klaren Gegensatz zu multidisziplinären Teams, wo oft nur die fachliche Expertise eingebracht und verteidigt wird“, so Kurschl.

INFORMATIONEN

Weitere Infos zu den neuen Studien:

FH Salzburg KMU-Management & Entrepreneurship (BA) .www.fh-salzburg.ac.at/kmu

Management Center Innsbruck (MCI) Lebensmittel & Rohstoffwirtschaft (MA) www.mci.edu/de/studium/master/rohstoff-lebensmittelwirtschaft

FH Technikum Wien Maschinenbau

(BA) www.technikum-wien.at/bmb

FH Oberösterreich:Human-Centered Computing (BA) www.fh-ooe.at/studiengaenge/master/hcc

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.11.2014)

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