Regierung will zweiten Wahltag und Hofburg "entrümpeln"

Lopatka und Schieder
Lopatka und Schieder (c) REUTERS (HEINZ-PETER BADER)
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Barrierefrei, neue Kuverts und die Stimmauszählung am Sonntag: Die Klubobleute der Koalition stellen ihre Reformideen vor. Den Bundespräsidenten wollen sie in seiner Macht beschränken.

Das Wahlrecht soll moderner werden. Das haben die Klubobleute der Regierungsparteien von SPÖ und ÖVP, Andreas Schieder und Reinhold Lopatka, schon zu Wochenbeginn angekündigt. Heute, Mittwoch, haben sie ihre konkreten Pläne vorgestellt. Demnach soll es auch bei bundesweiten Wahlen einen Vorwahltag geben, die Briefwahl wird hingegen unverändert beibehalten. Die Kompetenzen des Bundespräsidenten sollen eingeschränkt werden.

Bei dem zweiten Wahlsonntag orientieren sich SPÖ und ÖVP an der Steiermark. „Hier ist es so, dass eine Wahlbehörde pro Gemeinde an einem Tag in der Woche davor (vor dem eigentlichen Urnengang, Anm.) offen hat und man da wählen kann“, erläuterte Schieder bei der Pressekonferenz. Und zwar mindestens zwei Stunden lang. Das wolle man nun auch bei bundesweiten Wahlen so einführen. Denn, so Lopatka: „Dieser vorgezogene Wahltag ist in der Steiermark besser angenommen worden als die Möglichkeit, per Briefwahl seine Stimme abzugeben.“

Barrierefreies Wählen steht ebenfalls auf der rot-schwarzen Ideenliste: Pro Gemeinde soll es künftig zwingend ein barrierefreies Wahllokal geben. Außerdem wird das Innenministerium eine Hotline einrichten, wo etwa über die Listennummer eines bestimmten Kandidaten Auskunft gegeben wird.

Eine weitere Neuerung betrifft die Stimmauszählung: Alle Wahlkarten sollen ebenfalls schon am Sonntag ausgezählt werden. Und: Es soll neue Kuverts geben – neutrale Kuverts mit Überkuverts, und dafür mit sogenannten Stimmrechtskarten nach Schweizer Vorbild auf denen sich alle Angaben und die Unterschrift des Wahlberechtigten finden sollen. Fotos von Kandidaten in Wahllokalen sollen wieder möglich sein.

Nicht einer Meinung sind Schieder und Lopatka in der Frage des E-Votings für Auslandsösterreicher - dieses soll aber in einer Enquete diskutiert werden, ebenso die Fragen Mehrheitswahlrecht und Frauenquote. Über das Wahlrecht und die Hofburg-Kompetenzen wird jetzt ausführlich mit der Opposition verhandelt. Beschlossen werden soll das Demokratiepaket bald, die Wahlrechts- und Kompetenzreform spätestens im Herbst.

Kompetenzbeschneidung "mehr als Kosmetik"

Die Kompetenzen des Bundespräsidenten wollen Schieder und Lopatka „entrümpeln“. Konkret bedeutet das, dass die Auflösung oder Einberufung des Nationalrates durch das Staatsoberhaupt gestrichen werden soll. Gleiches gilt für dessen Strafrechts-Kompetenzen (Begnadigung oder Niederschlagung) und die Ehelicherklärung. Das Recht auf Ernennung von Bundesbeamten soll zumindest eingeschränkt werden.

Schieder rechtfertigt das Vorhaben damit, dass es „antiquiert“ sei und einem „Parlament nicht würdig“, wenn es einem Präsidenten derart ausgeliefert sei. Lopatka befand, dass es sich bei den Vorschlägen um weitaus mehr „als nur Kosmetik“ handele. Nun habe es „das Parlament selbst in der Hand“, ob es sich im Stande sehe, mit seinen Abgeordneten weiterzuarbeiten oder ob mehr Sinn in Neuwahlen liege.

Für die Kompetenzbereinigung ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig.

(Red./APA)

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