Karas - Kurz: Schwarze, die einander nicht grün sind

Das Bild aus 2015 trügt: Othmar Karas (r.) legt sich wieder mit Sebastian Kurz an.
Das Bild aus 2015 trügt: Othmar Karas (r.) legt sich wieder mit Sebastian Kurz an.(c) ROBERT JAEGER / APA / picturedesk.com
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Der EU-Parlamentarier und der Außenminister geraten sich wegen der Kürzungen für Kinder im Ausland in die Haare. Karas beklagt, der ÖVP sei Europa "wurscht". Die ÖVP will sich aber nicht dreinreden lassen.

Wien/Brüssel. „In dem Fall ist Karas wurscht: Ob er dafür oder dagegen ist, hat keine Auswirkung. Das ist eine nationale Sache.“ In den Reihen der ÖVP war man am Mittwoch im Gespräch mit der „Presse“ bemüht, klarzustellen, es bleibe beim Gesetzesplan von Familienministerin Sophie Karmasin und Außenminister Kurz zur Verschärfung bei der Zahlung der Familienbeihilfen für Kinder im Ausland.

Karas hatte zuvor beklagt, es drohe dadurch eine Diskriminierung von EU-Bürgern. Es betrifft vor allem EU-Beschäftigte aus Osteuropa in Österreich, deren Kinder in der Heimat bleiben. Beide kommen aus der Jungen ÖVP, deren Obmann Karas in den 80er Jahren war, nun ist das Kurz. An Selbstbewusstsein mangelt es beiden Schwarzen nicht. Und Karas hat nicht das erste Mal große Probleme mit dem Kurs von Kurz. Dabei hatte Kurz bei der EU-Wahl 2014 noch via Facebook dafür geworben, den ÖVP-Spitzenkandidaten Karas und junge Kandidaten zu unterstützen.

In der Nacht auf Mittwoch wurde der Konflikt um die Familienbeihilfe und den geplanten Beschäftigungsbonus für Firmen, bei dem neue Arbeitskräfte aus dem EU-Ausland weitgehend ausgeklammert werden, in aller Schärfe via Twitter ausgetragen. Kurz hatte dabei den Plan, Familienbeihilfen ab 2018 zu reduzieren mit dem Argument verteidigt, „wir müssen dem Unsinn ein Ende setzen“, Hunderte Millionen an Beihilfen ins Ausland zu überweisen.

„Mir-san-mir“-Verhalten

Karas antwortete: „Diskriminierungsverbot beachtet? Wir sind Europa!“ Und: „Neiddebatte beenden. Sachlich gerechte und europäische Lösungen anstreben.“ Später machte er seinem Ärger über ein „Mir san mir“-Verhalten der Regierung und seiner Partei Luft: „Leide seit Jahren darunter. Europa wurscht! Gehe weiter meinen Weg! Aufrecht!“

Auf Anfrage ließ der ÖVP-Delegationsleiter am Mittwoch vorerst wissen: „Jede Maßnahme ist möglich, die nicht diskriminierend ist, und die nicht zwischen EU-Bürgern unterscheidet.“ In Wien wurde erklärt, Karas habe das Gutachten des Sozialrechtlers Wolfgang Mazal, mit dem eine Differenzierung der Leistung nach Wohnsitzstaat und Kaufkraft gestützt wird, noch nicht gelesen gehabt. Bei einem bürgerlichen Weltbild, „zu dem sich Karas noch bekennt“, sei Information eine Holschuld, hieß es dazu spitz.

Die Kontroverse zwischen Karas und Kurz um Österreichs EU-Politik ist damit um ein brisantes Kapitel reicher. Während der Außenminister im Vertrauen auf die kritische Haltung der Österreicher gegenüber Brüssel bisweilen vorprescht und Grenzen des EU-Rechts auslotet, sparte Karas schon bisher nicht mit Kritik am Außenminister. Das war vor einem Jahr in der Flüchtlingspolitik beim Dichtmachen der Balkenroute so. Da geißelte Karas die Absenz von Griechenland, Deutschland und Schweden bei der Balkankonferenz. Er goutierte im Sommer 2016 auch nicht, dass Kurz und Bundeskanzler Christian Kern Druck für eine Ende der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei machten.

Die EU-Kommission, die im Vorjahr vor einem Alleingang bei der Familienbeihilfe gewarnt hatte, wollte am Mittwoch den ÖVP-Plan noch nicht kommentieren. Es gelte aber das Prinzip: „Gleicher Lohn für die gleiche Arbeit am gleichen Ort. Das gilt ebenso für Beitragszahlungen und Beihilfen.“ (red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.02.2017)

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