Sind Sie der Typ, der gefeuert wird?

Wer noch nie gekündigt wurde, sollte das nicht allein seiner fachlichen Exzellenz zuschreiben. Vielleicht hat er ja bloß gut taktiert. Ein Plädoyer für den Konformismus.

Wie war das damals, vor 1000 Jahren, wenn jemand „anders“ war als die anderen, fragt Soulaima Gourani, dänische Expertin für Change-Management und Mitarbeitermotivation. Im besten Fall wurde der Andersartige damals vertrieben, im schlechtesten verbrannt oder gevierteilt. Menschen mögen keinen, der anders ist als sie selbst, sagt Gourani. Das galt damals wie heute. Die Schlussfolgerung ist simpel: Trachte stets danach, nicht aufzufallen.

Gourani ist Spezialistin für grundeinfache, aber einleuchtende Ratschläge. Einige gibt sie am 15. Oktober weiter, wenn sie für den Dialog Marketing Verband Österreich (DMVÖ) bei der Columbus Arena 0.15 in der Burg Perchtoldsdorf auf der Bühne steht. „Wer nicht gefeuert werden will, darf nicht anders sein als die anderen“, ist ihr Grundsatz. Das beginnt mit Kleinigkeiten: die fehlende Krawatte, wenn alle anderen selbst im Hochsommer eine tragen; die quietschbunten Socken, die Individualität ausdrücken sollen, von den Kollegen aber als nonkonformistisch empfunden werden.

Überlebenswichtig würden solche Kleinigkeiten, wenn Kündigungen anstehen, sagt Gourani. Denn auch die Unternehmensleitung handle unbewusst emotional, wenn sie entscheidet, wer gehen muss und wer bleiben darf. Sind erst einmal die offensichtlichen Minderleister beseitigt, trennt sie sich von jenen, die „nicht zu uns passen“. Dann stünden für die Führungsexpertin drei Menschentypen in vorderster Schusslinie:

  • Der Neinsager: Bei jeder Veränderung leistet er aktiven oder passiven Widerstand. Weil Wandel das Unternehmen aber immer Energie und Geld kosten, muss es den Neinsager so schnell wie möglich loswerden, sonst bremst er den Fortschritt. Das fällt dann besonders leicht, wenn er als Dauernörgler auch bei den Kollegen keinen guten Stand hat.
  • Das Opfer: Immer sind es die anderen, die dem wohlmeinenden Opfer grundlos Böses antun. Es leidet, es heischt um Aufmerksamkeit, um Zuwendung und Hilfe. Und hält damit die anderen auf.
  • Der Besserwisser: Er meint es ja nur gut, wenn er alles infrage stellt. Leider ist er nicht in der Position, in der seine Kritik ernst genommen und umgesetzt wird. So zieht er alle anderen nur herunter. Oft gilt er sogar als wertvoller Mitarbeiter, gleichzeitig aber auch als schwer zu führen.

Es lebe das Chamäleon

Diese drei Menschenytpen sind besonders gefährdet, wenn es um Kündigungen geht, sagt Gourani. Doch auch für sie gibt es Hoffnung. Sie müssen sich nur die sechs Gebote überlebenswilliger Taktierer zu Herzen nehmen. Ob sie von Charakterstärke und Authentizität zeugen, sei dahingestellt.

1. Passe dich an

Natürlich erinnert man sich eher an die bunten Vögel, die durch Individualismus und Persönlichkeit auffallen. Wer aber unter dem Radar bleiben will, darf genau das nicht. Daher immer nur das tun, was auch alle anderen tun.

2. Bewirb dich nie um eine Auszeichnung

Ist es der Neid? Oder die Rivalität? Sobald jemand einen Preis oder ein besonderes Lob erhält, entziehen ihm die Kollegen ihre Unterstützung. Fortan gilt er als Überflieger, der nicht mehr „zu uns“ gehört.

3. Lass den Boss gut dastehen

Wer nicht gefeuert werden will, braucht gute Kontakte ins Topmanagement. Nur zu gut dürfen sie nicht sein, sonst nimmt das wieder die Kollegenschaft übel. Die Kunst ist, unauffällig dafür zu sorgen, dass einem der Chef dankbar ist. Sei nützlich, sagt Gourani, und gönne ihm die Lorbeeren, auch wenn du sie verdient hättest. Sie sichern deinen Job.

4. Kritisiere ihn niemals

Es mag Gründe für ein ernstes Gespräch mit dem Chef geben. Sie dürfen jedoch nicht öffentlich werden. Solche Themen behandelt der Überlebenskünstler im diskreten Eins-zu-eins-Gespräch, dessen Inhalt nie nach außen dringt.

5. Geh kein Risiko ein

Wer nicht gekündigt werden will, muss einen wichtigen Beitrag für das Unternehmen leisten. Der sollte aber so risikoarm wie möglich sein. Geht auch nur ein Projekt schief, steht man schnell auf der Abschussliste.

6. Wähle deine Schlachten weise

Kein Zwist, der nicht unbedingt nötig ist. Denn bei jedem Streit bilden sich Fronten. Und wer Feinde hat, steht immer in der Schusslinie.

Doch keine Sorge, meint Gourani. Selbst wenn der Job trotz aller Taktiererei verloren geht, sei das nicht so schlimm. „Es ist wie in einer Beziehung“, sagt sie, „Der erste Freund wird selten der Ehemann. Man lernt zu wechseln. Und man lernt, mit den Trennungen fertigzuwerden.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.10.2015)

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