Philippe Jordan dirigierte das Verdi-Requiem

(c) Clemens Fabry
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Musikverein: Schlichte Größe statt üblicher Pseudo-Operninszenierung.

Verdis Requiem dient manchem Dirigenten als Vehikel grandioser Selbstinszenierung. Philippe Jordan geht einen andern Weg. Er versteht sich als engagierter Sachwalter des Komponistenwillens, nutzt die gewaltigen Entladungen des Jüngsten Tags mit ihren Blechbläserattacken und Trommelschlägen nicht zur Schaustellung interpretatorischer Kunstfertigkeit, sondern lässt sie wie Naturgewalten hereinbrechen, schicksalhaft – eben darum geht es ja im Text . . .

Grandios, wie der Singverein aus gehauchten Pianissimi die Bitte um ewigen Frieden herauswachsen und dann flehentlich anschwellen lässt, um in geradezu furchteinflößende Beschwörungen des „Tags des Zorns“ zu führen. Dass selbst im Furor der von den Symphonikern drastisch, aber stets in Edelklang gemalten Katastrophenbilder der Text noch verständlich skandiert wird, setzt der Leistung der (von Johannes Prinz einstudierten) Sänger die Krone auf. Das prominente Solistenquartett nutzte inmitten der Endzeit-Szenarien die mannigfaltigen Chancen zu Operneffekten; wie gewohnt (und anders als Chor und Orchester) unter Missachtung vieler dynamischer Angaben Verdis. Doch beeindruckten alle vier Stimmen des imposanten, wenn auch inhomogenen Quartetts, Elena Zhidkovas expressiver Mezzo, der sichere, kraftvolle Tenor Joseph Callejas und der ungemein prägnant artikulierende, souveräne Bass Ferruccio Furlanettos; voran aber die Engelstöne der Krassimira Stoyanova, deren manche im Gedächtnis Verdis skeptisch fragenden Schluss überdauerten: Vielleicht schwingt ja doch mehr Tröstliches in der Weltenharmonie mit, als agnostische Schulweisheit sich träumen lässt. (sin)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.10.2016)

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