Die starken Verismo-Frauen der virtuosen Elīna Garanča

Elīna Garanča.
Elīna Garanča.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Die Mezzosopran-Primadonna präsentierte ihr jüngstes Soloprogramm, mit dem sie am Sonntagabend auch in Graz gastiert.

Dass sich die lettische Mezzosopranistin Elīna Garanča neuerdings den starken Frauenfiguren der Opernwelt zuwendet, möchte man glatt als Tautologie bezeichnen. Ihre erst Ende vergangenen Jahres erschienene CD „Revival“ zeugt von der gelungenen Neuausrichtung der Powerfrau, die sich damit in dramatischere Gefilde mit mehr Tiefgang begeben hat. Nach ihrem ersten Auftritt in Mexiko ist Garanča nun mit Auszügen ihres neuen Albums auf Tournee in Deutschland und Österreich. Vergangenen Freitag wurde sie vom Wiener Kammerorchester unter der Leitung ihres Ehemannes, Karel Mark Chichon, im Konzerthaus bei ihrem einzigen Auftritt dieser Saison in Wien begleitet.


Jeanne d'Arc und Dalila. Kraftvoll trat Garanča zunächst als zum Kampf entschlossene Jeanne d'Arc aus Tschaikowskys „Die Jungfrau von Orléans“ auf, deren unumstößliche Entscheidung dank ihrer dunklen Stimmfärbung besonders in den tiefen Lagen eindrucksvoll spürbar wurde. Bevor sie jedoch als Samsons strahlende Verführerin Dalila (aus Camille Saint-Saëns „Samson et Dalila“) mit vibrierenden hohen Tönen auf die Bühne zurückkehrte, gönnte sie sich und dem Publikum etwas Luft: Der „Melanholiskais valsis“, die einzige rekonstruierte Komposition des lettischen Komponisten Emīl Dārziņš, bot mit dem gehauchten Solo der Klarinette und einem sanften Ausklang unter den sonst lautstarken Regungen etwas Gelegenheit zur Innenschau. Was taktvoll zwischen die beeindruckend differenzierten Arien Garančas gestellt wurde, war deutlich mehr als nur ein Dazwischen: Gaetano Donizettis Ouvertüre zu „La favorite“ brachte Chichon etwa mit zügelartigen Bewegungen im Galopp zu einem fulminanten Ende, die Holzbläser ließ er in Amilcare Ponchiellis „Danza delle ore“ dagegen beinahe tänzeln.

Gleichermaßen facettenreich interpretierte das Orchester im Verein mit der Solistin Stimmungen und Charaktere. Wie versiert Garanča tatsächlich darin ist, ihren Ausdruck mimisch, aber auch im Wechsel von Brust- und Kopfstimme zu modellieren, zeigte sie bereits vor der Pause des Konzerts mit der Arie „Acerba voluttà, dolce tortura“ der Principessa aus Francesco Cileas „Adriana Levcouvreur“. Als deren Gegenspielerin Adriana („Io son l'umile ancella“) bestach sie im zweiten Teil mit einem umwerfenden Crescendo. Einzig die Naivität des jungen Mädchens – es singt in „Musica Proibita“ von Stanislao Gastaldon das von der Mutter verbotene Lied ihres Verehrers – wollte man Garanča nicht so recht abnehmen. Zwar fehlte es ihrer Stimme nicht an sehnsüchtigem Schmelz, vielleicht jedoch etwas an jugendlicher Zartheit.

In der ersten Zugabe fand sie denn auch wieder in eine starke Frauenrolle zurück: Nachdem ihr mehrere Blumensträuße aus dem Publikum überreicht worden waren, überraschte sie mit einem schier endlosen Triller in der Romanze „Las Carceleras“ der Luisa aus Ruperto Chapís Zarzuela „Las hijas del Zebedeo“. Gekonnt setzte sie das vokale Kunststück auch in Szene und vollführte eine anmutige, langsame Pirouette, um im vollen Saal auch die Zuhörer auf dem Orgelbalkon direkt erreichen zu können. Die warteten, wie alle Garanča-Verehrer, schon auf die nächste Zugabe: „Granada“ des mexikanischen Komponisten Agustín Lara durfte natürlich nicht fehlen.

Elīna Garanča ist am Sonntag um 19.30 Uhr, im Musikverein Graz zu Gast.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.02.2017)

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