Das Ende des Essl-Museums

(c) APA/HERBERT PFARRHOFER
  • Drucken

Erstmals in Österreich muss ein großes Kunstmuseum schließen. 38 Mitarbeiter verlieren ihre Jobs. Karlheinz Essl konnte den Bund nicht für eine wesentliche Kostenbeteiligung gewinnen.

„Body And Soul“, Körper und Seele, hieß die Ausstellung, zu deren Eröffnung gestern, Dienstag, offiziell ins Essl-Museum in Klosterneuburg geladen wurde. Dass es auch im weiteren Sinn um Körper und Seele ging, und zwar um Österreich und seine Kultur, ahnte niemand. Bis Museumsgründer Karlheinz Essl am Ende verkündete, dass das Museum mit 1. Juli schließen würde. „Trotz intensiver Bemühungen war es nicht möglich, eine Finanzierungslösung zu erreichen“, so Essl. Er habe mit Land und Bund verhandelt, Niederösterreich hätte sich bereit erklärt, einen „wesentlichen Beitrag zu leisten, wenn der Bund Mittel im selben Ausmaß zur Verfügung gestellt hätte. Leider hat es vonseiten des Bundes keine positive Zusage geben.“

Das Gebäude selbst, an dem der Industrielle Hans Peter Haselsteiner seit zwei Jahren über eine gemeinsame Gesellschaft mit Essl zu 60 Prozent beteiligt ist, werde laut Ex-Baumax-Chef in Zukunft nur noch als Depot der Sammlung dienen. Die Öffentlichkeit wird keinen Zutritt mehr zu dem von Architekt Heinz Tesar geplanten, 1999 eröffneten Bau haben. 38 Museumsmitarbeiter verlieren ihre Jobs, nur vier bleiben.

Um welche Beträge zur Finanzierung des Betriebs es sich gehandelt hätte, wollte Essl am Dienstag nicht präzisieren. Es wäre aber nicht so, dass die SE-Gesellschaft „nichts mehr beitragen wollte“: Ein Drittel der Kosten hätte man weiterhin aufgebracht. Auch der Leiter von Niederösterreichs Kulturabteilung, Hermann Dickowitsch, nennt keine konkreten Zahlen. Von der Größenordnung aber wäre der Betrag in dem Bereich anzusiedeln gewesen, den das Land schon 2015 dem Essl-Museum zugeschossen hat: 450.000 Euro. Das nötige Jahresbudget für ein Programm, wie es das Essl-Museum gemacht hat, schätze er auf zwei bis zweieinhalb Mio. Euro. Zum Vergleich: Sowohl Bund als auch Land planen zurzeit mit dem Haus der Geschichte und Sammlermuseum Krems Museumsprojekte mit Kosten in der Höhe von je 35 Mio. Euro.

Vom Bund, so das Kulturministerium gestern in einer Aussendung, hätte es zuletzt das Angebot gegeben, Essl eine fünfstellige Summe zum Vermittlungsprogramm beizusteuern. Ein von Essl im Sommer 2015 eingereichter Antrag auf Museumsförderung (3,2 Mio. bis inklusive 2018) sei jedoch vom Beirat abschlägig beantwortet worden. Außerdem sah man durch ein Konzept von Hans Peter Haselsteiner eine weitere öffentliche Sichtbarkeit der Essl-Sammlung durchaus gegeben, und zwar im Wiener Künstlerhaus. Vorgänge, die von allen Seiten nicht für eine gute Kommunikation mit Essl sprechen.

Im Künstlerhaus hat sich Haselsteiner – er war am Dienstag nicht erreichbar – voriges Jahr über seine Familienstiftung ebenfalls eingekauft. An der Künstlerhaus Besitz- und Betriebs GmbH hält er 74 Prozent. Nach der Renovierung 2018 will Haselsteiner das Künstlerhaus gemeinsam mit dem Bund (Bundesmuseum Albertina) mit österreichischer Malerei nach 1945 bespielen, wie er vor Monaten bekannt gab. Jetzt weiß man, warum: Es ist die Kernkompetenz der Essl-Sammlung. Diese Lösung scheint Haselsteiner und Ostermayer günstiger, als das Klosterneuburger Museum, über dessen Besucherzahlen Essl schweigt, weiter zu betreiben. Fast ein Streich der Geschichte – wollten die Essls Anfang der 1990er-Jahre ihre Sammlung doch gerade im Künstlerhaus unterbringen. Die Verhandlungen scheiterten, die Essls bauten ihr eigenes Museum.

Nach 17 Jahren und 125 Ausstellungen wird es jetzt wieder geschlossen – zum Entsetzen der Fachwelt. „Die öffentliche Hand hätte die Verpflichtung gehabt, das Essl-Museum zu erhalten“, so Danielle Spera, Österreich-Präsidentin des Internationalen Museumsverbands. „Es ist das erste Mal, dass so ein wichtiges Museum in Österreich geschlossen wird.“ Max Hollein, Direktor des Städel Frankfurt und designierter Direktor der Moderne-Museen von Los Angeles, sieht ebenfalls „einen großen Verlust“: „Essl hat als Privatsammler einen öffentlichen Auftrag erfüllt.

Von all jenen, die etwas für die österreichische Kunstszene in den vergangenen Jahrzehnten getan haben, steht er ganz vorn. Es gibt in Österreich kein Sammlermuseum auf diesem Niveau.“

Weitere Infos: www.diepresse.com/kultur

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.04.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Karlheinz Essl of Essl museum addresses a news conference in Klosterneuburg
Kunst

Karlheinz Essl: "Der Ball liegt bei der öffentlichen Hand"

Nach der Schließung des Essl Museums soll die Sammlung im Wiener Künstlerhaus präsentiert werden. Essl selbst findet das Künstlerhaus zu klein.
Leitartikel

Schade um das Essl-Museum, aber der Staat ist nicht verantwortlich

Das Essl-Museum in Klosterneuburg schließt. Es hat Pionierarbeit in der Vermittlung geleistet. Doch Privatmuseen sind vor allem Sache Privater.
Das Essl-Museum in Klosterneuburg.
Kunst

Essl Museum schließt, Sammlung künftig im Künstlerhaus

Das Essl Museum stellt seinen Ausstellungsbetrieb ein. Die Schließung schmerze "bis in die tiefste Seele", sagt Sammler Karlheinz Essl. Kulturminister Josef Ostermayer lehnte eine Mitfinanzierung ab.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.