Das Serienjahr 2014: TV zwischen Goldrausch und Grauzone

Richard Madden als Goldjunge.
Richard Madden als Goldjunge. (c) Dan Power/Discovery Channel
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Die Fernsehstoffe werden vielschichtiger, Detektive mitunter selbst zu unberechenbaren Psychopathen, Erfolgsproduktionen wie „Breaking Bad“ bekommen Ableger.

Schatzsuche in Serie und große Namen

Ridley Scott produziert „Klondike“, Michael Bay setzt schwarze Segel und Guillermo del Toro auf Vampire.

In wirtschaftlich turbulenten Zeiten verlassen sich auch Fernsehstationen auf Bewährtes: Gold und große (Filmemacher-)Namen. Den Anfang macht bereits im Jänner „Klondike“, die erste Serie nach Drehbuch des sonst auf Dokumentationen spezialisierten Discovery Channel. Ausführender Produzent der sechsteiligen Miniserie ist Regisseur Ridley Scott („Thelma & Louise“, „Gladiator“). Richard Madden (bekannt als Robb Stark aus der HBO-Serie „Game of Thrones“) geht darin Ende der 1890er in Kanada auf Goldsuche.

Michael Bays TV-Drama „Black Sails“ ist als Vorgeschichte der „Schatzinsel“ von Robert Louis Stevenson zu betrachten. Mit dem Piratengenre ging einst schon Roman Polanski baden. Der Trailer zur Serie (die erste Staffel startet am 25. Jänner auf dem US-Sender Starz) ist deutlich düsterer ausgefallen. Nach positivem Feedback bei ersten Vorführungen wird bereits die zweite Staffel gedreht.

Auch Guillermo del Toro macht nach dem Bubenkino-Blockbuster „Pacific Rim“ einen seltenen Ausflug in die Fernsehlandschaft. Die Vorlage für die Vampirserie „The Strain“ hat er praktischerweise mitverfasst. Im ersten, kurzen Trailer sieht man außer verwackelten Bildern von Rattenhorden wenig. Der Plot: Ein Epidemiologe soll untersuchen, weshalb sich in einem Flieger auf dem JFK-Flughafen zweihundert Leichen und vier Überlebende befinden. Die Hauptrolle in der Serie übernimmt Corey Stoll (Peter Russo aus „House of Cards“). Ein Goldgriff. (mtp)

Nach „Breaking Bad“ kommt „Better Call Saul“
Nach „Breaking Bad“ kommt „Better Call Saul“(c) Ursula Coyote/AMC

Aus Etabliertem entsteht Neues

„Better Call Saul“ kehrt an den Schauplatz von „Breaking Bad“ zurück, „How I Met Your Mother“ tauscht Geschlecht.

Während sich Hollywood im Repetitionsmodus befindet, jährlich diverse Spider-, Bat- und Supermen auf Weltrettungsmissionen schickt und die großen Projekte „Star Wars“ und „Avatar“ heißen, wird dem Fernsehen derzeit die größere Innovationskraft zugeschrieben. Neues entsteht hier aber gern aus Etabliertem, selbst die „Simpsons“ sind ein Ableger. Das mit den höchsten Erwartungen verknüpfte sogenannte Spin-off startet im November: „Better Call Saul“ (AMC) erzählt humoristisch aus dem Vorleben des halbseidenen Anwalts Saul Goodmann (Bob Odenkirk), ehe die Handlung zur soeben zu Ende gegangenen Erfolgsserie „Breaking Bad“ einsetzt, der diese skurrile Figur entstammt.

Einen Neustart erlebt das in neun Staffeln „How I Met Your Mother“ ausgewalzte Erzählmodell der ungehemmten Ausschmückung von Anekdoten. „How I Met Your Father“ (CBS) tauscht Männer gegen Frauen, aus der Originalserie bleibt lediglich die Bar MacLaren's. Frühestens ab Herbst zu sehen.

Was bisher funktioniert hat, wird freilich weitergedreht, wie „Downton Abbey“ oder „Mad Men“, manchmal auch einfach neu gedreht, wie die atmosphärische französische Mystery-Serie „Les Revenants“. Darin kehren Tote Jahre oder Jahrzehnte nach ihrem Ableben scheinbar unversehrt in ihr heimatliches Bergdorf zurück. Im März erlebt die Serie als „Resurrection“ (ABC) ihre US-Wiederauferstehung, immerhin mit Frances Fisher („Titanic“) in einer der Hauptrollen. (her)

''About a Boy'': Benjamin Stockham as Marcus, David Walton as Will
''About a Boy'': Benjamin Stockham as Marcus, David Walton as Will (c) NBC

In diesem Jahr werden Filme zu Serien

„About a Boy“, „Scream“ und „From Dusk Till Dawn“: Was als Film funktioniert hat, wird nun zur Serie.

Die Zeit der Anwalts-, Arzt- und Rich-Kids-Serien à la „Beverly Hills“ ist so gut wie vorbei. Es gibt sie zwar vereinzelt noch, diese klassischen Serien, doch insgesamt sind die Stoffe deutlich vielschichtiger geworden. Wer dennoch einen großen Trend für das Jahr 2014 benennen möchte, kann sagen: Es ist das Jahr, in dem aus Filmen Serien werden. Das fing schon Ende 2013 mit „Sleepy Hollow“ an, das auf der gleichnamigen Kurzgeschichte aus dem Jahr 1820 basiert, die schon mehrfach verfilmt wurde (u. a. von Tim Burton mit Johnny Depp). Im Februar startet auf NBC die Comedy „About a Boy“ nach dem gleichnamigen Roman von Nick Hornby, der 2002 mit Hugh Grant verfilmt wurde.

Ebenfalls in Serie geht die Horrorfilmreihe „Scream“, allerdings gibt es noch wenig Informationen zu der von MTV für den Sommer angekündigten Produktion. Im Horrorgenre bleibt auch „From Dusk Till Dawn“: Regisseur Robert Rodriguez adaptiert seine blutrünstige Vampirgroteske aus 1996 für das TV (Start: März auf dem Sender El Rey).

Was noch auffällt: Die Serienwelt wird unüberschaubarer. Allein vergangenen Sonntag waren in den USA um 21 Uhr gleichzeitig die Hits „The Good Wife“ und „Downton Abbey“ neben neuen Folgen von „Shameless“, „Girls“ und „House of Lies“ und der neuen Serie „True Detective“ zu sehen. Die „New York Times“ meinte dazu, man brauche längst „mehr Vorbereitung für den TV-Sonntag als für die Arbeitswoche“. (awa)

Chloë Sevigny als Detective Catherine Jensen
Chloë Sevigny als Detective Catherine Jensen(c) A&E

Das Krimigenre ist nicht umzubringen

Psychotische Polizisten, gestörte Detektive: Das Fernsehen erobert die Grauzonen zwischen Gut und Böse.

„We hunt what we are, and we are what we hunt“, murmelt Kriminalistin Catherine Jensen, während sie sich Blut von den Händen wäscht. In „Those Who Kill“, einem US-Remake der dänischen Serie „Den som drœber“, macht Chloë Sevigny ab März Jagd auf Serienmörder, zu denen sie eine mysteriöse Bindung hat (wenn sie nicht gar selbst eine ist, wie angedeutet). An ihrer Seite – erraten! – eine derzeit in Krimiserien unerlässliche Figur, die das psychologische Spiel für das Publikum aufbereitet: ein forensischer Psychologe, der selbst seine Macken hat. Gut und Böse verschwimmen – „Dexter“ hat es mit diesem Konzept auf acht Staffeln gebracht.

Nicht minder gestört, aber nicht gefährlich: Benedict Cumberbatch als von Narzissmus und Intelligenz gegeißelter Sherlock. Er feierte gerade in Staffel drei auf BBC seine Auferstehung – die Miniserie läuft zu Pfingsten in der ARD. Und „Breaking Bad“-Erfinder Vince Gilligan macht (mit „Dr. House“-Erfinder David Shore als Chefautor) für CBS wieder eine psychologisch anspruchsvolle Serie: In Battle Creek, Michigan, kämpften einst Landvermesser gegen Indianer (daher der Name), heute hat dort Frühstücksflockenproduzent Kellogg's seinen Sitz. Bei Gilligan sollen zwei Detektive – einer Zyniker, der andere überzeugt vom Guten im Menschen – in „Battle Creek“ für Recht und Ordnung sorgen. Aber erst in der TV-Saison 2014/15. (i. w.)

Mehr Serien im TV-Blog: diepresse.com/phaenomedial

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.01.2014)

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