Journalistin, Kritikerin, Rohrer

(c) FABRY Clemens
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„Presse“-Kolumnistin und Politikjournalistin Anneliese Rohrer hat Geburtstag. Eine kleine Würdigung.

Ihr reichen wenige nüchterne Sätze, eine Wunde offenzulegen und scharfe Kritik zu formulieren. Freitag für Freitag führt das Anneliese Rohrer vor. Sie spricht dann weniger über Politik denn über die „Presse“. Wöchentlich kommt die Kolumnistin dieser Zeitung in die Redaktionskonferenz, um sie mit einer harten und ehrlichen Blattkritik zu eröffnen.

Dabei stellt sie immer wieder eine der wichtigsten Fragen beim Zeitungsmachen: Was haben die Leser davon? Betrifft es sie? So schonungslos, wie Rohrer in politischen Diskussionen spricht, geht sie mit ihrer „Presse“-Redaktion um. Das war als Innenpolitik- wie auch als Außenpolitik-Ressortleiterin so. Die „Presse“-Gefolgschaft zu ihrer „Frau Dr.“ hat einen persönlichen Grund. Rohrer prägte eine Generation Journalisten: Florian Asamer, Burkhard Bischof, Karl Ettinger, Dietmar Neuwirth, Norbert Rief, Wieland Schneider, Christian Ultsch, Thomas Vieregge und den Autor dieser Zeilen, um nur einige zu nennen.

In ihrer Haltung ist sie vor allem Journalistin, kämpft gegen Vermischung von Kommentar und Bericht, stellt sich unbeirrbar gegen Intervention, teilt nur dorthin aus, wo Macht und Einfluss amtieren. Die Vollblutjournalistin erkennt man an der Begeisterung, immer und überall eine Geschichte zu sehen und unter jeder Bedingung zu berichten: am 11. September aus Manhattan ebenso wie vom guten, alten Ministerrat. Dass sie manchmal ob der politischen Lage wütend wird, ändert nichts an ihrer Forderung, notwendige Veränderungen konstruktiv selbst in die Hand zu nehmen. „I rest my case, ich bin schon still“, pflegt Rohrer fast wöchentlich nach ihrer Kritik in der Ressortleiter-Riege zu sagen. Das glauben wir nicht. (no)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.09.2014)

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