Pulitzer-Preis: Lokalblatt sticht Großstadt-Zeitungen aus

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Die "New York Times" heimste drei Preise ein, großer Sieger war aber ein Lokalblatt.(c) Reuters (Adrees Latif)
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Eine Zeitung aus South Carolina gewinnt mit einer Geschichte über Todesfälle von Frauen, die als Unfälle, Selbstmorde oder natürliche Tode galten.

Die meisten Trophäen hat die "New York Times" bekommen, aber die große Siegerin sitzt im tiefen Süden, wo man nicht unbedingt erstklassigen Journalismus vermutet: Eine Regionalzeitung aus Charleston in South Carolina hat den wichtigsten der diesjährigen Pulitzer-Preise (Kategorie "Public Service") gewonnen.

Vielleicht war das Erfolgsgeheimnis des "The Post and Courier", dass er sich etwas genommen hat, was es heute in der internetgeprägten Medienlandschaft angeblich kaum noch gibt: Zeit. Die Regionalzeitung aus Charleston - für die meisten Amerikaner ist dieses Blatt ein unbeschriebenes - hat Todesfälle von Frauen untersucht, die als Unfälle, Selbstmorde oder natürliche Tode galten. 300 davon gab es innerhalb von zehn Jahren in South Carolina, ein Staat im tiefen Süden mit knapp fünf Millionen Einwohnern. Und allzu oft würden Polizei und andere Behörden die Augen zumachen, wenn die Todesursache häusliche Gewalt sein könnte.

Auch "New York Times" zollt Respekt

Die Zeitung habe es geschafft, mit dem Artikel "Bis dass der Tod uns scheidet" dieses Phänomen auf die Tagesordnung der Politik in dem Bundesstaat zu setzen, lobte die Jury. Damit gewann das Regionalblatt vor der "New York Times", der "Los Angeles Times", der "Washington Post" und dem "Boston Globe". Dem zollte sogar die "New York Times" in ihrem Bericht Tribut, die erst über den Scoop der Winzlinge aus Charleston berichtete, bevor es die drei eigenen Preise erwähnte. Die "Times" hat übrigens gut 1100 Journalisten, der "Post und Courier" gerade 80. Die große Gewinnerin des 99. Pulitzer-Preises ist eine Zeitung mit einer Auflage von 85.000.

Die meisten Preise gewinnen in jedem Jahr die großen Zeitungen aus den großen Städten. Aber es sind in jedem Jahr auch Blätter dabei, von denen man außerhalb ihres Bundesstaates noch nie, oder zumindest selten, etwas gehört hat. Und auch wenn es das erste Mal seit fünf Jahren ist, dass eine so kleine Zeitung den wichtigsten der 14 Pulitzer-Preise für Journalismus gewonnen hat, fallen ungewohnte Namen immer wieder auf. In diesem Jahr heißen sie zum Beispiel "Seattle Times", "The Buffalo News" oder "St. Louis Post".

Die Stärke der Regionalzeitungen

In Seattle war es die Berichterstattung über einen tödlichen Erdrutsch - aktuell, nah, menschlich, aber ohne zu aufdringlich zu sein. In Buffalo an den Niagarafällen waren es die Karikaturen, die die Jury treffend und entlarvend fand. Und in St. Louis wurden herausragende Bilder von Verzweiflung und Wut nach den tödlichen Schüssen eines Polizisten auf einen schwarzen Jugendlichen gemacht.

Diese Regionalzeitungen beweisen nichts weniger, als das ausgezeichneter Journalismus möglich ist, auch wenn man nicht Personalstärke, Ruf und Eigenkapital der ganz großen Blätter in seinem Rücken hat.

>>> Zur Sieger-Reportage "Till death do us part"

(Von Chris Melzer/dpa)

(APA/dpa)

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