"Presse"-exklusiv. Im Arbeitsgerichtsverfahren haben die Anwälte des Künstlers und der Burg vorläufig Ruhen vereinbart. Theatralische Auftritte und heikle Aussagen gibt es vorerst nicht mehr.
In den arbeitsrechtlichen Verfahren zwischen Herrn Matthias Hartmann und der Burgtheater GmbH wurde von den Parteien einfaches Ruhen vereinbart, um Doppelgleisigkeiten zwischen dem strafrechtlichen und dem zivilrechtlichen Verfahren zu vermeiden. Auf dieses gemeinsame Vorgehen einigten sich – wie die „Presse“ erfuhr – am Freitag Georg Schima und Katharina Körber, die Anwälte von Matthias Hartmann, und Bernhard Hainz, der Anwalt des Burgtheaters. Das heißt: Das Verfahren vor dem Arbeits- und Sozialgericht (ASG), das Matthias Hartmann gegen das Burgtheater angestrengt hat, wird vorerst nicht fortgeführt werden.
Die Initiative dazu soll von Hartmanns Seite ausgegangen sein. Das Einvernehmen, den Gerichtsstreit nun doch nicht fortzusetzen, kommt – auf den ersten Blick – überraschend. Denn von einem Vergleich waren klagende und beklagte Partei bisher weit entfernt. Die zuständige Richterin, Kristina Heissenberger, hatte einen solchen schon bei der ersten Tagsatzung erfolglos anregt.
Versicherung bisher wenig generös
„Wir werden hier Jahre brauchen“, gab Heissenberger mit Nachdruck zu bedenken und stellte dem Kläger, der Beklagten, Anwälten und Zuhörern ihre Ausdauer gleich eindrucksvoll unter Beweis. Während andere Richter in großen zeitlichen Abständen ausschreiben, hat Heissenberger allein in den nächsten sechs Wochen gleich sieben Verhandlungen – und zwar ab halb zehn Uhr am Vormittag mit Open End – anberaumt. Und ist es bei Gericht sonst absolute Ausnahme, dass nach 18 Uhr noch gestritten wird, schloss die Vorsitzende zuletzt ihre Einvernahmen erst nach 23 Uhr ab.
Ihre entschlossene Prozessführung dürfte jedenfalls mit ein Grund dafür gewesen sein, weshalb sich Hartmann und die Burg letztlich doch auf einen Waffenstillstand verständigten. So ein zwölfstündiger Marathon geht den Kontrahenten physisch und psychisch nicht nur ordentlich an die Substanz, sondern vor allem gehörig ins Geld. Beide Parteien sind mit jeweils drei Juristen präsent. Bei einem Stundensatz pro Anwalt von 300 bis 400 Euro kommt da rasch eine satte Summe an Beraterkosten zusammen. Nun ist das Burgtheater bekanntermaßen wirtschaftlich gerade sehr schwach auf der Brust, dennoch tut es sich als Unternehmen mit der Finanzierung des Rechtsstreits wohl leichter als die Privatperson Matthias Hartmann. Dabei muss er die hohen Beratungskosten grundsätzlich auch nicht aus eigener Tasche bezahlen: Als ehemaliger Geschäftsführer der Burg hat er eine Manager-Haftpflichtversicherung. Diese sollte die anfallenden Prozesskosten übernehmen.
Die Betonung liegt auf sollte: Denn es gibt zwar schon seit Monaten eine rege Korrespondenz zwischen seinen Anwälten und Hartmanns Versicherung, gezahlt hat diese bisher aber noch keinen Cent. Ihre fehlende Großzügigkeit bedeutet für den Intendanten nichts anderes, als dass er seinen Anwalt vorläufig aus eigener Tasche bezahlen muss. Es sei denn, es wäre ihm gelungen, mit Schima zu vereinbaren, mit der ersten Zwischenabrechnung noch zuzuwarten.
Die Staatsanwaltschaft ist am Zug
Die Bereitschaft seiner D&O-Versicherung (Versicherung, die ein Unternehmen für seine leitenden Angestellten abschließt), seinen aufwendigen Zivilprozess zu finanzieren, hält sich – so viel steht fest – in engen Grenzen. Stattdessen legte sie Hartmann und seinen Anwälten kürzlich nahe, mit der Burg Kontakt aufzunehmen, um auf eine Unterbrechung des Zivilprozesses hinzuwirken. Sinnvoller sei es, die strafrechtlichen Ermittlungen gegen den Ex-Burgchef abzuwarten, als sich weiterhin im arbeitsgerichtlichen Verfahren auszubluten. Das Argument hat einiges für sich.
Zur Erinnerung: Sowohl gegen Hartmann als auch gegen die ehemalige kaufmännische Geschäftsführerin, Silvia Stantejsky, und gegen Georg Springer, den früheren Chef der Bundestheater-Holding, laufen Untersuchungen der Staatsanwaltschaft wegen Verdachts der Bilanzfälschung, Untreue und fahrlässiger Gefährdung von Gläubigerinteressen (für alle drei gilt die Unschuldsvermutung). Sollten diese Ermittlungen ergeben, dass gegen Hartmann keine Anklage erhoben wird, erhöht das zweifellos seine Chancen, mit der Entlassungsanfechtung rasch Erfolg zu haben.
Andererseits würde sich seine Position drastisch verschlechtern, käme es tatsächlich zu einer Anklage oder gar einer Verurteilung wegen eines dieser Delikte.
In beiden Fällen aber wäre der Arbeitsgerichtsprozess schneller entschieden. In neun Monaten – so lang soll das Verfahren mindestens ruhen, darauf haben sich Bernhard Hainz und Georg Schima geeinigt – erhofft man sich, dazu schon mehr Fakten zu wissen. Dem Vernehmen nach atmet man auch im Burgtheater auf, dass in der Vorweihnachtszeit nicht dauernd verhandelt wird. Verständlich: Die geplanten Einvernahmen von Direktorin Karin Bergmann und ihrem Vize Thomas Königstorfer, dem KPMG-Wirtschaftsprüfer Martin Wagner, den Aufsichtsratsmitgliedern Viktoria Kickinger und Christian Strasser – sie alle sind nicht geeignet, endlich Ruhe ins Theater zu bringen. Nichts anderes wünscht sich aber auch Kulturminister Josef Ostermayer für das Haus, wie er oft betont hat. Daher begrüßte man im Ministerium die neue Wendung als „prozessökonomisch sinnvollen Schritt“.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.11.2014)