Karl Hodina: „Ottakring klingt wie Abrakadabra“

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Er hat das Wienerlied erneuert und damit bewahrt: Nun ist Karl Hodina 80 geworden – und schaut milde vom Schafberg auf seine Stadt hinunter.

„Sagt ana Ottakring, klingt das wie Abrakadabra,“ resümierte er einmal seine Zuneigung zum Heimatbezirk. Dieser übte seine Zauberkraft in erster Linie über die Musik aus. Die Mama sang ihm schon früh alte Wienerlieder vor. Später, als Gassenbub, lauschte Karl Hodina dem musikalischen Treiben in den Hinterhöfen der Friedrich-Kaiser-Straße.

Da erklangen in der warmen Jahreszeit verlässlich Kontragitarren und Knöpferlharmonikas, sangen die Menschen im langen Schatten des Tröpferlbads. Halbwaise Hodina überwand die Nachkriegszeit mit den Tröstungen des Wienerlieds. Dann kamen die Amerikaner. Mit ihnen der Jazz, der aus den Soldatenclubs quoll. „Bald gab es auch heimische Musiker. Josef Zawinul, Carl Drewo, Hans Koller, die fantastisch spielten“, erinnert sich Hodina.
Damals zog der aufstrebende Pianist gern durch Clubs wie die Streichholzschachtel, die Adebar und das Tabarin. Der rasante Bebop eines Charlie Parker hatte es ihm angetan. „Unsere Schwierigkeit bestand darin, dass es kein Notenmaterial gab. Wir haben die Themen von den Schallplatten runterschreiben müssen.“

Die Vorstellung, dass man auch von der Musik leben könnte, gestattete sich Hodina damals nicht. Er gründete zwar 1957 das Vienna Modern Jazz Quartett, blieb aber seinem erlernten Beruf, der Lithografie, treu. Und es kam eine weitere Leidenschaft hinzu. „Ich wollte wie die Alten Meister malen können. Um 17.30 Uhr hatte ich in der Firma aus. Dann bin ich in die Hasnerstraße in meine kleine Wohnung gefahren und habe dort malerisch experimentiert und Klavier geübt, bis ich in beiden Händen Sehnenscheidenentzündung hatte.“

Das Glück schlich sich gut getarnt in Hodinas Leben ein. „Es kam ein Tag, als ich ein Hagelkorn im Auge entdeckte. Zwei Jahre lang sah ich unscharf, hatte Doppelbilder.“ In dieser Zeit der existenziellen Unsicherheit las Hodina eine Annonce: Ein Gitarrist suchte einen Harmonikaspieler für einen eventuellen Job in Stammersdorf. Er meldete sich, und sein Leben nahm einen neuen Lauf. „Das herkömmliche Heurigenrepertoire war inhaltlich sehr flach. Also hab ich mir gedacht, ich schreib mir eigene Lieder, und parallel dazu hab ich in Eduard Kremsers berühmten Alben nach alten Stücken gesucht. Vor allem der dritte Band hat mir zugesagt. Die Lieder waren zwar naiv, aber echt empfunden. Gewachsene Volksmusik eben. Die lernte ich.“

1969 schrieb er sein wohl berühmtestes Lied, den „Hergott aus Stan“. Diese poesievolle Hymne an Ottakring entstand, als Hodina gerade in den 22. Bezirk gezogen war. „Das war innerhalb einer Dreiviertelstunde komponiert.“ Wenige Jahre später schrieb er gemeinsam mit dem ORF-Mann Walter Pissecker weitere Klassiker wie „I liaßert Kirschen für di wachsen ohne Kern“ und „Hauptschüler liebt Hauptschülerin“.

Mit dem Gitarristen Edi Reiser arbeitete Hodina dann 35 Jahre lang zusammen: „Das war eine wunderbare Zusammenarbeit. Er hat aufgehört zu spielen, was mir sehr leid tut.“ In den Siebzigerjahren stieg Hodina sowohl als Musiker als auch als Maler zum Star auf. Er spielte für Politprominenz von Kreisky bis Brandt, aber auch für die Pülcher in der Strafanstalt Stein.

Neues Album zum Achtziger

Zum 80. Geburtstag präsentiert Hodina gemeinsam mit dem Kontragitarristen Peter Havlicek „Impressionen am Schafberg“, ein Album, voll mit herrlich rinnaugerten Melodien. Alte Tänze und charmante Musettewalzer gibt es darauf zu hören. Zum Jubiläum laden ihn der Wiener Bürgermeister, der niederösterreichische Landeshauptmann und der Bundespräsident zu sich.

Das freut Hodina, obwohl er das größte Kompliment längst erhalten hat: Es kam von Hans Kollers betagter Mutter. „Der Hans hat mich gelobt vor ihr. Dabei steht er ja musikalisch vierzig Stock über mir. ,Ich bin nur ein Volksmusikant‘, hab ich gesagt. Da wurde die alte Dame recht lebendig und hat gesagt: ,Na, und! Du spüst, wie wir red'n. Ist des schlecht?‘“

Zur Person

Karl Hodina, geboren am 7. Juni 1935 in Wien, ist als Maler, Komponist und Harmonikaspieler bekannt.
Zu seinem 80. Geburtstag erscheint bei Preiser Records die CD „Impressionen am Schafberg“ gemeinsam mit Peter Havlicek.

Auszüge aus dem Film „Karl Hodina, Musiker und Maler“ (Regie: Klaus Hundsbichler, 2015) werden am kommenden Mittwoch, 10. Juni, um 19.30 Uhr im Bockkeller, Gallitzinstraße 1 (16. Bezirk), gezeigt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.06.2015)

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