Der Ehekrieg vom goldenen Vlies

Medea
Medea(c) Christian Brachwitz
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Landestheater Linz. Susanne Lietzow hat Franz Grillparzers Trilogie mutig eingedampft. Das misslingt am Anfang, der dritte Teil, die „Medea“, gerät aber bemerkenswert intensiv.

Wer den Ehrgeiz hat, Franz Grillparzers große Trilogie „Das goldene Vlies“ (1821 am Burgtheater uraufgeführt), in zweieinhalb Stunden durchzupeitschen, muss auch mit Enttäuschungen rechnen. Die gibt es in Susanne Lietzows kühler, herber Inszenierung am Landestheater Linz vor allem vor der Pause, bei der Vorgeschichte im barbarischen Kolchis. Die gebotenen Szenen aus „Der Gastfreund“ und „Die Argonauten“ sind so plakativ wie zerrissen. Abgehackt ist die Sprache, fahrig das Agieren bei der Premiere am Samstag, die an der alten Anton Bruckner Privatuniversität in Linz Urfahr gegeben wurde (die Renovierung des Landestheaters im Zentrum von Linz hat sich verzögert).

Anfangs wirkt das Gebotene tatsächlich willkürlich und punktuell schlecht gespielt. Aber im abschließenden dritten Teil, in der „Medea“, sieht man dann ein packendes Beziehungsdrama, eine Familie auf gnadenloser Flucht, mit durchaus aktuellen Bezügen. Wie ausgewechselt wirken nun die Schauspieler, und das wird am Ende mit lang anhaltendem Applaus bedacht. Erst aber muss man in den Wildwuchs ans Schwarze Meer. Aurel Lenfert hat ein zweigeteiltes Bühnenbild geschaffen.

Sadomaso in den Pfützen von Kolchis

Vorne die verregnete Küste vor Kolchis, hinter einem den Raum abtrennenden Metallgitter ein Heiligtum mit barbarischem Widder-Götzen. (Im dritten Teil wird dieses Gitter nach vor geschoben. Da gibt es vorne einen Sandstrand vor Korinth und dahinter die Burg, die Fremdes konsequent aussperrt. Videos bringen das Ferne zuweilen näher.) König Aietes von Kolchis (Lutz Zeidler) hat ein Problem: Heiliges Gastrecht fordernde Griechen sind gelandet, mit reichen Schätzen, auch mit dem goldenen Vlies, das dem eigenen Gott so ähnelt. Der König will es haben und sinnt auf Mord. Dazu benötigt er die Hilfe seiner zauberkundigen Tochter Medea (Ines Schiller). Die verabreicht dem Ankömmling nach kurzem Zögern einen Schlaftrunk. Aietes schlägt nun zu. Fünfmal knallt er den Griechen-Anführer Phryxus (Georg Bonn) gegen das Gitter, bis der tot, dessen weißer Kapitänsanzug blutverschmiert ist. Auch Medeas Auseinandersetzung mit dem Vater gerät platt, sie agiert wie wie ein Teenager unter Drogen.

Beinahe komisch wird das Liebeswerben, als Jason und seine Argonauten in Kolchis landen, um das Vlies zurückzuholen. Sven Mattke, als Soldat verkleidet, geht kämpferisch brutal selbst mit Medea um – Sadomaso in den Pfützen von Kolchis. Jason kriegt Medea, samt Vlies fliehen sie zurück nach Griechenland. Der Fluch von Aietes aber wirkt. Das Paar wird heimatlos, Medea, nun Mutter zweier Söhne, wird vom Gatten verstoßen. Nach der Pause gelingt dieser Inszenierung weitaus mehr, vielleicht auch deshalb, weil Christian Taubenheim als smarter König Kreon von Korinth und die gesanglich starke Marie Smolka als dessen Tochter Kreusa ein angenehmer Kontrast zu dem hässlichen Ehekrieg am Strand sind.

Nun hat Medea das ideale Umfeld für ihre großen Auftritte. Schiller steigert sich immens in diese tragische Rolle hinein. Den Mord an den eigenen Kindern nimmt man ihr wirklich ab, und Mattke überzeugt völlig, wenn er den Verdacht bestätigt, dass Männer in Bedrängnis vor allem feige und egoistisch sind. Schlimm für die arme Fremde.

Termine Alte Bruckner-Uni, Wildbergstraße 18: 22., 24., 28. Februar, 1., 4., 7., 11., 15., 18., 21., 22., 25., 31. März.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.02.2017)

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