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"Ottakring war ein guter Boden"

Thomas "Effi" Petritsch
Thomas "Effi" Petritsch Christine Ebenthal
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Jetzt spielt's also Granada. Der steirische Liedermacher Thomas Petritsch vulgo Effi hat seit einem Jahr eine Band.

Wahrscheinlich ist es nie schlecht, wenn sich zu einem Bandnamen ein kleines Wortspiel aufdrängt. Wie sehr es dem Grazer Effi und seiner vom Akkordeon angetriebenen Band in ein paar Jahren auf die Musikernerven geht, dass es bei ihnen immer Granada spielt, wird sich zeigen. Momentaufnahme darf der Reigen aber keine bleiben. Zu gut ist dieser Zufall gelungen. Im selbst benannten Debüt erzählen sie von "Palmen am Balkon" und "Pina Colada", zeichnen Stimmungen vom äußeren Gürtel und der südlichen Steiermark nach. Produziert wurde das Album von Oliver Zülch, ihn kennt man durch seine Arbeit mit den Münchner Sportfreunde Stiller. Und Michael Riebls Film "Planet Ottakring" lieferte übrigens den Vorwand zur Bandgründung. Wie gesagt, ein guter Zufall.

Der Ford Granada ist schon eine große Kiste.
Vor allem ist es eine alte Kiste, die finde ich generell sehr ästhetisch und schön. Mein erstes Auto war ein Mercedes 200 D aus den 1980er-Jahren, den gab es in Orange und Blau mit passenden Radkappen. Mein Nachbar hatte einen, den ich ihm günstig abkaufen konnte. Mein erstes und mein letztes Auto.

Sie haben den Mercedes zerstört?
Nein, er ist weggerostet. Aber es war ein tolles Auto, wie mit einem Schiff bin ich darin geschwommen. Einen Ford Granada habe ich zwar noch nie besessen, aber wer weiß, vielleicht kommt das noch.

Zieht sich das Faible für alte Dinge auch noch in andere Schichten weiter?
Ja, auch in die Musik. Besonders in den vergangenen Jahren höre ich zum Beispiel alte Schlager aus einer Zeit, in der das Genre noch mehr mit Jazz verbunden war. Peter Alexander, Conny Froboess und noch ältere Sachen.

Woraus hat sich eigentlich die Coverähnlichkeit zu Springstens alter "The Essential"-Platte ergeben. Eine Liebeserklärung?
Quasi, aber zu der Zeit haben wir auch an einer Coverversion gearbeitet, die wir nie live gespielt haben. "Tonzn In Da Nocht" statt "Dancing In The Dark". Das war der ausschlaggebende Punkt. Die Idee fand ich lustig. Vor allem wollte ich wissen, wer dahinterkommt. Ich bin ein großer Rätselfreund.

Los geht's.
Kennen Sie das mit den Zwergen? Acht Zwerge in einer Höhle, die Hälfte hat rote Kappen, die andere Hälfte weiße, sie sehen sich nicht und müssen gesammelt in einer gleichfarbigen Reihe hinausgehen, ohne zu kommunizieren. Das schaffen sie auch, aber wie?

Interessant. Aber wie sind Sie zu Granada gekommen, ist das die bessere Wendung?
Würde ich nicht sagen, aber ich liebe diese Band heiß. Lang gibt es uns noch nicht, vor einem Jahr war die erste Probe und es hat gleich gepasst. Eigentlich war es aber ein Zufallsprojekt, weil ich die Musik für den Film "Planet Ottakring" gemacht habe und dafür zu viele Nummern hatte. Anfangs hatte ich natürlich Berührungsangst, deutsche Nummern zu schreiben. Das Songwriting war überhaupt anders, weil das Hauptinstrument das Akkordeon ist. Die Arbeit war aber schön und ertragreich. Es wäre schade drum gewesen. Es hat eine eigene Energie, die Leute harmonieren gut.

Als Effi können Sie eine Bühne aber auch unglaublich gut allein füllen. Ist es trotzdem einfacher mit einer Band?
Ja, es ist eine gewisse Sicherheit dabei, wenn du mehrere Leute hinter dir hast. Allein musst du mehr machen, mehr ausfüllen.

Zur Filmmusik: Fühlen Sie sich mit Ottakring verbunden?
Ich bin zwar kein Wiener, aber meine ersten musikalischen Gehversuche waren hier auf den von der Vienna Songwriting Association organisierten Open Stages, im Keller des Caf Concerto zum Beispiel. Ottakring war ein guter Boden, ein kreatives, buntes Grätzl. Aber ich bin noch immer Grazer.

Auf der Platte singen Sie aber Wienerisch?
Ich mag Dialekte generell gern, habe auch Germanistik studiert. Aber das mit dem Wienerischen ist mir irgendwie passiert. In seiner eigenen Sprache ist man eben wandelbar. Wenn ich mit meiner Großmutter in der tiefsten Südsteiermark rede, hör ich mich auch anders an, als wenn ich mit Freunden aus Wien spreche. Die musikalische Sprache ist ein Mischmasch.

Deutsche Texte werden schnell romantisch oder kitschig. Hatten Sie Zweifel?
Berührungsangst hatte ich genau aus diesen Gründen und weil deutsche Texte einfach nahbarer sind. Jeder versteht dich sofort.

Ist es Ihr Anspruch, die Gegenwart mit Ihren Liedern abzubilden?
Ich versuche mich so gut es geht von politischen Themen fernzuhalten, dafür fühle ich mich noch nicht reif genug. Persönlich bin ich natürlich schon politisch, stehe für Themen ein, aber die Musik sollte trotzdem allgemein bleiben. Themen, die Menschen bewegen, müssen auch nicht unbedingt politisch sein. Was gut und böse ist, braucht man den Leuten nicht erklären. Ich erzähle lieber Geschichten und lasse die Interpretation offen. Es sind Spiegelflächen, in denen man sich wiederfinden kann.

Austropop ist modern wie lang nicht und trotzdem spielt für das erste "MTV Unplugged" Andreas Gabalier auf.Seltsam?
Jede Musik hat ihre Berechtigung, wenn es jemanden interessiert, aber auch, wenn es niemanden interessiert. Man kann von ihm halten, was man will, aber den Erfolg gönne ich ihm. Wie jeder erfolgreiche Musiker hat er sicher hart gearbeitet und dann ein bisschen Glück mit seinen Produzenten gehabt. Dass Schlager bei "MTV Unplugged" einen Platz haben, ist aber schon komisch.

Aber vielleicht passt das auch gerade zu Österreich?
In der Musikszene hat sich eben viel getan. Eigentlich hätte es Helene Fischer machen müssen, aber Gabalier ist eben der alternativere Schlagerstar.

("Kultur Magazin", 21.10.2016)

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