REUNION

Midnight Oil gehen wieder auf Tour

Midnight Oil im Hafen von Sydney (von links: Jim Moginie, Rob Hirst, Peter Garrett, Martin Rotsey, Bones Hillman
Midnight Oil im Hafen von Sydney (von links: Jim Moginie, Rob Hirst, Peter Garrett, Martin Rotsey, Bones Hillman Reuters
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Die große australische Alternative-Rock-Band der 80er und 90er legt 20 Jahre nach ihrer letzten internationalen Tour und 14 Jahre nach ihrer Auflösung wieder los. Es wird auch zahlreiche Konzerte in Europa geben, in Österreich vermutlich aber nicht.

Diese Nachricht hebt die Tageslaune und lässt schöne alte Erinnerungen aufsteigen: Fast 14 Jahre nach ihrer Auflösung, 40 Jahre nach ihrer Gründung und 20 Jahre nach ihrer letzten internationalen Konzertserie geht die so große wie im Gestus meist bescheidene australische Alternative-Rock-Band "Midnight Oil" wieder auf Welttournee. Diese trägt den Namen "The Great Circle 2017".

Am Freitag gab die fünfköpfige Band um den gleichzeitig charismatischen wie etwas verschrobenen Sänger und Ex-Politiker Peter Garrett (63) im Hafen von Sydney bekannt, dass die Tour sie voraussichtlich in 14 Länder führen und im April in Porto Alegre (Brasilien) beginnen wird. Es folgen Konzerte unter anderem in den USA, Kanada, Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Schweden und Tschechien - siehe hier die Tourliste bzw. Homepage der Band. Österreich steht voraussichtlich nicht am Programm, die von hier aus nächsten Gigs werden aber wohl jene im Juni und Juli in Zürich, Frankfurt und im tschechischen Ostrava sein. Den Abschluss bilden im Oktober und November 18 Konzerte in Australien selbst.

Startgig im Pub

Auch das allererste Konzert, noch vor Brasilien, wird in Australien stattfinden: Nämlich im Rahmen eines Miniauftritts in einem Pub, dessen Name und Standort aber erst kurz vorher bekanntgegeben wird.

Der 1,97 Meter große Peter Garrett, der lange Abgeordneter für die Labor Party war und 2007 bis 2013 zuerst als Umwelt-, dann Unterrichts- und Jugendminister der Bundesregierung in Canberra fungierte, sagte, dass seine Gruppe sich so wie früher deutlich politisch geben werde und sich etwa nicht scheue, gegen US-Präsident Donald Trump aufzutreten: "Gesunde Demokratien müssen manchmal auf Verrücktheit, Hässlichkeit, Selbstsucht und Dummheit reagieren. In Trump ist davon reichlich."

Die Band in den 1980ern
Die Band in den 1980ernMidnight Oil

Midnight Oil, deren Wurzeln 1971 in der mäßig erfolgreichen, vor allem in der Surfergemeinde beliebten Rockband "The Farm" liegen, haben 17 Alben (samt Kompilationen und Livescheiben) veröffentlicht und mehr als zehn Millionen Tonträger verkauft. Die Umbenennung erfolgte 1976, als Garrett, der gerade sein Jusstudium in Canberra beendete, als Leadsänger zur Band in Sydney stieß. Deren neuer Name wurde von dem Stück "Burning of the Midnight Lamp" von Jimi Hendrix abgeleitet, wobei die Redewendung "Burning of the Midnight Oil" im Englischen so viel bedeutet wie tief in die Nacht hinein arbeiten.

Rumpliger Start im Progressive Rock

Die ersten Alben "Midnight Oil" (1978), "Head Injuries" (1979), "Place Without A Postcard" (1981), "10, 9, 8, 7, 6, 5, 4, 3, 2, 1" (1982) und "Red Sails in The Sunset" (1984) waren noch recht sperrige, laute und unrunde Werke mit teils viel Schreigesang und dem Progressive Rock, Postpunk, New Wave und Hardrock zuzurechnen. Allerdings ist, kleiner Tipp, Red Sails in The Sunset eine wunderbare Perle, wenn man sich mit den ersten Härten nur einmal arrangiert hat. Allein schon das Cover, das einen glühenden Asteroiden und Einschlagskrater in Sydney und eine zerstörte Stadt zeigt, ist genial.

Red Sails In The Sunset (1984)
Red Sails In The Sunset (1984)privat

Der - auch internationale -  Durchbruch kam dann 1987 mit "Diesel And Dust", worin unter anderem der Welthit "Beds are Burning" enthalten war. Das Album, das sich voll und ganz um die Lage der Aborigines in Australien und den Umweltschutz drehte, war auffallend gut produziert worden, für manche Beobachter indes zu poppig, geschliffen und mainstreamig, zu moralinsauer und aktivistisch, aber letztere beide Eigenschaften ziehen sich eben mehr oder weniger ausgeprägt durch das ganze Werk der Band, like it or not.

Diesel And Dust (1987)
Diesel And Dust (1987)privat

Das 1990er-Werk "Blue Sky Mining" hingegen ist für viele Midnight-Oil-Fans das Gelungenere, Interessantere und Reifere, was auch auf das 1993-Album "Earth And Sun And Moon" zutrifft, obwohl dieses an mancher Stelle ins Kitschige zu kippen droht. 

Aber wem es etwa beim Song "In the Valley"...

("My grandfather went down with the Montevideo
The rising sun sent him floating to his rest
And his wife fled south to Sydney seeking out safe harbour
A North Shore matron she became with some paying guests)

..., der gleich einmal mit der Versenkung des japanischen Transporters "Montevideo Maru" 1942 durch ein US-U-Boot anhebt, wobei mehr als 1050 australische Kriegsgefangene umkamen - darunter Tom Vernon Garrett, der Großvater von Peter Garrett -, also wem es da nicht die Härchen an den Armen und im Nacken aufstellt, dem ist nicht zu helfen.

Das Unglücksschiff Montevideo Maru
Das Unglücksschiff Montevideo MaruAustralian War Museum

Die späteren und teils wieder etwas rauheren Alben "Breathe" (1996), "Redneck Wonderland" (1998) und "Capricornia" (2002) sackten demgegenüber merklich ab, wirkten nicht mehr besonders innovativ und verkörperten vor allem jene Form von Musik, die man als Fan einer Band zuhause haben kann oder sollte, aber nicht muss.

Capricornia, bisher letztes Album (2002)
Capricornia, bisher letztes Album (2002)privat

Ach ja, es könnte auch ein neues Album geben, deutete die Band an. Und vielleicht ist es ein gutes Omen für die Konzerte, dass Garrett erzählte, es habe während der Proben in den vergangenen Wochen und Monaten regelrechte "Hallelujah-Momente" gegeben.

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