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Youssou N'Dour: Kulturminister und Pop-Idol

Youssou N´Dour
Youssou N´Dour(c) REUTERS (ANIS MILI)
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Der Meistermusiker und Kulturminister des Senegal trumpfte im Wiener Konzerthaus groß auf.

Wallende Gewänder, grelle Farben, sinnliche Düfte dominierten bei den zahlreichen Fans Youssou N'Dours, einer weit über die Musik hinaus wirkenden Ikone der senegalesischen Kultur. Mit seiner Mitwirkung im preisgekrönten Film „Retour à Gorée“, einer Reise zur Insel Gorée, ein Ausgangspunkt des Sklavenhandels, legte er 2006 den Finger in eine Wunde, die noch lange nicht heilen wird. Schon zu Beginn seiner Karriere hat er sich intensiv für die Abschaffung der Apartheid in Südafrika eingesetzt. 2012 strebte er an, Präsident des Senegal zu werden, scheiterte aber in den Vorwahlen. Jetzt dient er seinem Land als Kulturminister.

Trotzdem nimmt er immer noch großartige Alben auf. Im Vorjahr kam „Africa Rekk“ heraus, das mit Liedern wie „Gorée“ und „Exodus“ einmal mehr explizit politisch ist. Seinen Abend im großen Saal des Wiener Konzerthauses gestaltete er, angetreten mit der 14-köpfigen Formation „Le Super Ètoile de Dakar“, mit Schwerpunkt auf der Leichtigkeit des Seins. Vertrackte Rhythmen, delikate Gitarrenlicks und klobige, für manchen Mitteleuropäer gewöhnungsbedürftige Keyboardsounds wummerten hinter N'Dours elektrisierendem Gesang. Mit dem wild rappelnden „Set“, der Titelnummer eines seiner Popalben, die er mit westlichen Musikern wie Coldplay und Daniel Lanois 1990 aufgenommen hat, begann der Reigen. Die meisten hielt es nicht lang auf ihren Sitzen, man tastete sich bald tanzend und filmend in Richtung des Idols.

Liebenswerte Anarchie

So entwickelte sich eine liebenswerte Anarchie im Saal, die man so nicht gewöhnt ist von diesem hehren Tempel der Kunst. Die Dämme brachen endgültig, als der wie ein Hohepriester agierende N'Dour „Africa Dream Again“ anstimmte. „7 Seconds“, sein 1994 gemeinsam mit Neneh Cherry gesungener Welthit heizte die Ekstase weiter an. „Money Money“ vom aktuellen Album war etwas zu simpel, das sublime „Serin Fallu“ dafür unzweifelhaft Höhepunkt der ausgelassenen Vorstellung. Hier sang N'Dour über die Werte, die vom Dichter Leopold Sedar Senghor, von 1960 bis 1980 erster Präsident des Senegal, ausgegeben wurden. In seiner Gabe, hohe Kunst und hohe Politik zu verbinden, ist er sicher ein Vorbild N'Dours. Ausufernde Musikalität, akrobatische Einlagen, politische Sentenzen – Afrika zeigte sich an diesem Abend von seiner besten Seite.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.03.2017)

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