United Colors of Salomon

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Seit 222 Jahren gibt es das Weingut Salomon-Undhof. Bertold Salomon wollte eigentlich Steuerberater werden. Winzer wurde er über Umwege. Seinen ersten Wein erntete er nicht in Österreich, sondern in Australien.

222 Jahre Weingut Salomon-Undhof. Sie leiten es in der siebenten Generation. Wie viel Bürde lastet da auf einem?

Bertold Salomon: Man freut sich, dass das so lange so gut gegangen ist. Und ich bin glücklich, dass ich den Familienbetrieb weiterführen konnte. Es gibt ja diesen Spruch: Die erste Generation baut auf, die zweite genießt, und die dritte verspielt alles. Über diese Phase sind wir Gott sei Dank längst hinweg.

Und trotzdem kann man es als Zufall bezeichnen, dass Sie eines der ältesten privaten Weingüter des Landes leiten.

Da muss ich weit ausholen. Als mein Vater gestorben ist, war ich 16 Jahre alt. Meine Mutter hat damals gesagt, dass ich mir eine Arbeit außerhalb des Weinguts suchen muss. Ich studierte Betriebswirtschaft, wollte Steuerberater werden. Nur durch Zufall wurde ich in die Weinbranche zurückgeholt. Mein Bruder Erich, der ja eine Art Vaterersatz war für mich – immerhin war er elf Jahre älter –, hat mir einen Sommerjob bei unserem Importeur in New York verschafft. Dort wurde die in mir schlummernde Weinbegeisterung erweckt. So wurden aus einem Sommerjob eineinhalb Jahre. Ich konnte sogar weiterstudieren, weil der damalige Finanzminister, Hannes Androsch, ein Stipendium für Auslandsstudien eingeführt hatte. Das waren 100.000 Schilling. Ich habe also tagsüber gearbeitet und am Abend an der New York University an der Wall Street studiert.

Sie könnten heute ein berühmter Steuerberater sein.

Ich bin zuerst zu den Freien Weingärten Wachau – damals Winzergenossenschaft –, wollte dann aber wieder ins Ausland. Schlumberger hat mir schließlich angeboten, deren Importtochter in den USA zu leiten. Und nur wenige Monate später, im Winter 1986, hat man mich gefragt, ob ich in den Vorstand wechseln möchte.

Vertriebsvorstand bei der Schlumberger AG. Wie alt waren Sie damals?

Ich war 32. Es war also eigentlich ein Wahnsinn. Ich habe verständlicherweise gern auf den Aufenthalt in den USA verzichtet. Ich heiratete kurz davor meine Frau, wir machten Hochzeitsreise im Bordeaux und im Rioja, weil wir dachten: Dann sind wir mindestens sieben Jahre in den USA.

Statt der Vereinigten Staaten haben Sie Australien entdeckt.

Australien hat einen rein privaten Hintergrund. Privat deshalb, weil meine Frau und ich entschieden haben, dass unsere Kinder zweisprachig aufwachsen sollen. Sie waren also in einem amerikanischen Montessori-Kindergarten. Aber wir wollten auch nicht, dass aus ihnen Diplomatenkinder werden, also haben wir sie in eine normale österreichische Volksschule gegeben. Wir sind viel in englischsprachige Länder gereist. 1993 machten wir Urlaub in Australien.

Und?

Ich wollte eigentlich sofort auswandern. Aber meine Frau mochte Wien viel zu sehr. Immerhin haben wir uns nach einem Weingut umgesehen.

Sie wollten Ihr eigenes Weingut haben. Hätte es nicht genügend Alternativen in Österreich gegeben?

Ich habe auch in Österreich gesucht, ich habe mir den Eisenberg im Südburgenland angesehen. Aber es ist dann Australien geworden; 1994 haben wir das Grundstück im McLaren Vale gekauft. Unser Besitz in Australien ist größer als in Österreich. Es sind 50 Hektar, 14 haben wir ausgepflanzt, zwölf mit Wein und zwei mit Olivenbäumen.

Und das war mitten im Weinbaugebiet?

Überhaupt nicht. In der Gegend hat es damals einen einzigen, kleinen Hobbywinzer gegeben. Und er hat die Trauben verkauft.

Wie war das dann, als Jahre später der erste Wein fertig war?

Das war 1998, eine Mini-Ernte. Der Wein war toll. Und plötzlich bumm, bumm, bumm, haben sie rund um uns Weingärten ausgepflanzt. Heute sind wir umzingelt.

Damals bauten Sie in aller Stille das australische Weingut auf, gleichzeitig wechselten Sie von Schlumberger an die Spitze der Österreichischen Weinmarketing-Gesellschaft ÖWM.

Ja, das war alles nicht plant. Ich war ab 1995 bei der ÖWM.

Und dann?

Im Jahr 2000 ist mein Bruder Erich mit uns erstmals nach Australien hinuntergeflogen. Er hat sich das Weingut angesehen und war begeistert. Und dort hat er meiner Frau und mir eröffnet: „Kommt mir helfen. Meine Energie ist schwach.“

Ihr Bruder war damals schon sehr krank.

Er hatte Hautkrebs, hatte Operationen. Und er fühlte sich nicht mehr stark genug, das Weingut allein zu führen. Im Sommer 2002 hörte ich bei der ÖWM auf, im Oktober war die erste gemeinsame Ernte in Stein.

Aus Ihnen ist ein Winzer geworden.

Ich war ein spätberufener Jungwinzer. Aber für meine ganze Familie hat sich das Leben verändert. Meine Frau hat voll mitgearbeitet und ihren Job bei L'Oréal aufgegeben. Unsere Kinder sind vom Wiener Gymnasium in die Vino-HAK nach Krems gewechselt.

Und mittlerweile ist die Weinreise zwischen zwei Kontinenten Alltag geworden.

Ja, seit dem Tod meines Bruders 2007 versuchen wir, dass wir unsere Australien-Aufenthalte im Frühjahr auf wenige Wochen bündeln.

Australien bedeutet Rotwein, Undhof Weißwein: Wie funktioniert United Colors of Salomon?

Sehr unterschiedlich. Nach China etwa exportiere ich nur australischen Wein. Nach Dänemark hingegen liefere ich bis dato nur Weißwein.

Und als ob das nicht genug wäre, haben Sie ein Weinprojekt in Neuseeland gestartet.

Das hat aber eine ganz andere Dimension. Das ist ein Joint Venture, an dem ich mit 50 Prozent beteiligt bin. Und ich mache das gemeinsam mit einem lieben Freund und Winemaker.

Warum Neuseeland?

Weil mich Pinot noir reizt.

Wie wird dort gearbeitet?

Wir haben Winzer unter Vertrag, die uns die Trauben liefern. Wir sind in einem Weinkeller eingemietet. Das ist alles sehr minimalistisch. Wir bilden dort ein Fundament – auch für unsere Kinder.

Hört sich an, als ob nicht alles in Ihrem Leben ungeplant ist.

Ich werde 60. In fünf Jahren sollen die Kinder den Betrieb übernehmen.

Und Sie gründen dann noch ein Weingut in Argentinien?

Nein, bei mir war ja das alles nicht geplant. Hätte ich von Anfang an gewusst, dass ich den Undhof übernehmen muss, hätte ich das in Australien nicht gemacht. Dann hätte ich mir ein zweites Weingut in der Nähe ausgesucht. In Spanien.

222 Jahre

1792 erwarb die Familie Salomon das von Mönchen bewirtschaftete Weingut und den Undhof.

Ab den 1930er-Jahren werden Salomon-Weine in die USA exportiert.

Zwei Kontinente, drei Weingüter:Neben dem Undhof in Stein/Donau gibt es Salomon Estate im südaustralischen McLaren Vale und Salomon & Andrew in Neuseeland.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.09.2014)

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