Fixsterne im Herbstgarten

(c) imago/CHROMORANGE
  • Drucken

Wem die traditionellen Herbstblüherinnen altmodisch vorkommen, dem sei ein Ausflug in die erstaunliche Astern-Galaxis zu den wilderen, zerzausteren und möglicherweise noch schöneren Astern-Arten angeraten.

Zuerst einmal aus Spaß eine kleine Wortexpedition: Wenn von einem Desaster die Rede ist, dann befleißigt man sich eines Begriffs, der vom französischen désastre sowie vom italienischen disastro abstammt. Beides bedeutet wörtlich übersetzt nichts anderes als „Unstern“. Astrum ist der Stern, und die Aster, um wieder in irdische und erfreuliche Gefilde zurückzukehren, ist demnach die sternblütige Blume, und sie kommt problemlos ohne „des“ und „dis“ aus.

Astern-Desaster wären auch ganz und gar ungewöhnlich. Kaum eine Pflanze ist einfacher zu ziehen. Die Aster gedeiht fast überall, und sie blüht so farbenfroh und dicht, als ob dem Maler Herbst mitsamt Farbtöpfen ein Stolperdesaster widerfahren wäre und er all sein Rot, Blau, Lila an eben diese derzeit allerorten leuchtenden Blumensterne verschwendet hätte.

Wahre Worte

Der 1970 hochbetagt von uns gegangene, durch seine Staudenzüchtungen jedoch unsterblich gewordene deutsche Gärtner Karl Foerster brachte seine Zuneigung zu den prächtigen Herbstgestalten des Gartens folgendermaßen zum Ausdruck: „Ohne Astern, diesem brausenden Anziehungspunkt für Menschen und Insekten, ist der Herbst in einem der wichtigsten Punkte sang- und klanglos. Sie verklären den Mollklang des Herbstes.“

Dutzende Asternsorten hat uns Foerster hinterlassen, sie tragen verheißungsvolle Namen wie Veilchenkönigin, Rubinschatz, Septemberpracht oder Dunkler Schatz. Sie alle gehören jedoch nur den vier wohlbekannten Arten an, die in unseren Gärten normalerweise anzutreffen sind: Berg-Aster, A. amellus, Kissen-Aster, A. dumosus, Raublatt-Aster, A. novae-angliae, und Glattblatt-Aster, A. novae-belgiae.

Doch neben diesen etablierten Gartenschönheiten gibt es noch weitere Astern-Schwestern, die dem Connaisseur nicht nur einen kleinen Seitenblick wert sein sollten. Es handelt sich dabei um die wilderen, zerzausteren Vertreterinnen der Gattung. Sie bekommt man nicht so oft zu Gesicht, wobei eigentlich unklar ist, warum. Seltsam, denn beispielsweise die verschiedenen Sorten der unvergleichlichen Myrten-Astern, etwa A. ericoides und A. pringlei, sind sensationelle, gern weit über einen Meter hohe Anblicke. Die Blüten sind kleiner als die der vorhin genannten zivilisierteren Damen, doch sie sind so zahlreich und dicht, dass sie die gesamte Pflanze wie eine duftige Woge einzuhüllen scheinen.


Kahle Beine

Während die normalerweise gepflanzten Glattblatt- und Raublatt-Astern die wirklich lästige und unangenehme Eigenschaft, nämlich unten herum zu verkahlen, selbst in so feuchten Jahren wie diesem exzessiv ausleben, bleiben die wilden Astern stets füllig. Ein großer Vorteil, denn die anderen kommen ohne niedrig wachsende Begleitpflanzen, die ihre hässlichen Herbstbeinchen kaschieren, nicht gut aus. Noch ein Vorzug: Die Wildastern erwiesen sich, zumindest in meinem Garten, als standfester, aber auch aufgrund ihrer Zierlichkeit und Leichtigkeit als wesentlich besser aufbindbar.

Empfehlenswert ist auch ein Blick auf die ebenso hohe, aber rundum stärker ausufernde Waagrechte Herbst-Aster, A. lateriflorus horizontalis. Dann gibt es noch kriechende Wildastern, die ganze Mauern mit Blütenmeeren überspülen können. Auch von den Wildastern sind, wie gesagt, mittlerweile diverse Sorten in den verschiedensten Farben zu haben. Ideale Partner für Wildastern sind übrigens Gräser. Die beiden vertragen sich zu jeder Jahreszeit ausgezeichnet. Kurzum: Die Aster, diese Sternblume, ist kein Solitär, sondern bildet eine kleine Galaxie in der unendlichen Weite der Botanik. Erforschen Sie sie, unbedingt!

Lexikon

Astrum.
Das ist der Stern, und die Blütenform der Aster steht für deren Namen.

Schneiden.
Unbedingt, und zwar im späten Herbst, um Selbstaussaat zu vermeiden.

Teilen.
Geht sowohl nach der Blüte als auch im zeitigen Frühjahr und ist alle paar Jahre unerlässlich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.09.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.