Abwarten vor dem Abschneiden

 Der Seidenbaum ist nicht frosthart, kann aber nach einem radikalen Schnitt überleben.
Der Seidenbaum ist nicht frosthart, kann aber nach einem radikalen Schnitt überleben.(c) Ute Woltron
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Die meisten Pflanzen sind widerstandsfähiger, als man glaubt.

Auch wenn jetzt das eine oder andere Gewächs trauert und deutliche Frostschäden trägt – mischen Sie sich besser noch nicht mit Gartenschere oder Säge in das Geschehen ein. Warten Sie lieber noch ein wenig, denn sehr oft erholen sich die Pflanzen erstaunlich rasch und gründlich, vorausgesetzt, der Schaden ist nicht zu arg. Erst nach gemessener Frist wird man sehen, was wirklich hinüber ist und was sich vom Kälteschock erholt hat. Dann kann immer noch ausgeschnitten werden.

Heimische Pflanzen sind angepasst, sie überstehen die Witterungskapriolen logischerweise viel besser als jeder Exot. Um sie braucht man sich also kaum Sorgen zu machen. Empfindlichere Gewächse aus wärmeren Gefilden hingegen leiden natürlich. Ein immer beliebter werdender Baum, und zwar der extrem schöne Seidenbaum mit seinen gefiederten Blättern und den zierlich-buschigen rosa Blütenbüscheln, ist vor allem in seinen ersten Jugendjahren nicht verlässlich frosthart. Als meiner noch sehr jung war, kam ein extrem kalter Winter über das Land, und als der damals etwa zwei Meter hohe Baum auch bis in den Juni hinein nicht ausgetrieben hatte, schnitt ich ihn schweren Herzens knapp über dem Boden ab. An dieser Stelle ein Lob der Faulheit, denn ich grub seinen Strunk nicht gleich aus, sondern überließ ihn den Pilzen, Würmern und anderen Bodenlebewesen als Festmahl.

Wenige Wochen später ragte jedoch aus dem tot geglaubten Stumpf erfreulicherweise ein zierlicher neuer Seidenbaumtrieb gen Frühlingssonne. Ein dazu befragter Baumspezialist meinte, dass er wahrscheinlich nicht entstanden wäre, hätte ich den Baum nicht gekappt. So jedoch verschwendete der Wurzelstock seine Kraft nicht auf die erfrorenen Äste, sondern steckte sie dafür voll und ganz in einen neuen Trieb. Der hat sich übrigens mittlerweile zu einem etwa fünf Meter hohen Prachtbaum ausgewachsen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.04.2017)

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