Alte Meister, Autos, Taschen: Das Auktionshaus als Salon

Caroline Messensee
Caroline Messensee(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Caroline Messensee eröffnet heute das Wien-Büro des Pariser Auktionshauses Artcurial. Und spricht über Heimkehr und Hermès-Handtaschen.

Es gibt Dinge, da staunt auch Caroline Messensee: 2,6 Millionen Euro hat ein Sammler heuer im Frühjahr für ein Blatt mit Comic-Zeichnungen von „Tim und Struppi“ gezahlt. „Ziemlich unglaublich“, findet Messensee und hält eine Abbildung davon in die Höhe. So viel wurde noch nie für eine Comic-Zeichnung gezahlt – und es ist nur einer von mehreren Rekorden, die ihr Auktionshaus Artcurial in den vergangenen Jahren aufgestellt hat.

Nun bringt Messensee – und weil ihr Name oft für Fragen sorgt: Sie ist die Tochter des österreichischen Malers Jürgen Messensee – Artcurial nach Wien. Nicht für Auktionen, die finden weiterhin nur in Paris statt, sieht man von ein paar jährlichen Ausflügen, etwa nach Monaco, ab. Aber mit einer Repräsentanz, der dritten in Europa nach Brüssel und Mailand. Am Rudolfsplatz im ersten Bezirk hat sie passende Räumlichkeiten gefunden, rund um einen überdachten historischen Innenhof. Hier lagert nun in einer Vitrine ein in rosa Samt gebundenes Stundenbuch voller leuchtend bunter Illustrationen aus dem Jahr 1440, an der Wand hängt das Ölgemälde eines Clowns von Georges Rouault – Teile der Sammlung von Ernesto und Liuba Wolf, die im Dezember versteigert werden soll.

Artcurial sei heute das „größte und bedeutendste Auktionshaus Frankreichs“, sagt Messensee, obwohl es im Vergleich zur teils jahrhundertealten englischen Konkurrenz eher jung ist: Vor zwölf Jahren wurde das Haus gegründet, an der Spitze stehen drei Auktionatoren – und deren Vorlieben. So gilt Artcurial als Anlaufstelle für klassisches Design, auch schnelle alte Autos haben einen großen Anteil am Umsatz – oder die eigene Abteilung für Vintage-Taschen von Hermès. „Man kann sich gar nicht vorstellen, wie viele Leute das interessiert“, sagt Messensee und scheint auch hier ein wenig zu staunen, dass man 60.000 Euro für eine Handtasche verlangen kann.

Sie selbst kommt aus einer anderen Ecke. Als Kunsthistorikerin ist sie auf moderne und zeitgenössische Kunst spezialisiert. Wohl, glaubt sie, weil sie einfach hineingewachsen ist. Schönste ihrer Kindheitserinnerungen sind die Besuche im Kunsthistorischen Museum, „das damals menschenleer war“, wo ihr der Vater vor den Infantinnen von Velasquez Geschichten über die Kinder auf den Bildern erzählte. Später konzentrierte sie sich auf Jüngeres, „das, was noch irgendwie greifbar war“.

Nach 20 Jahren wieder in Wien

20 Jahre hat Messensee in Paris gelebt, in Galerien gearbeitet und Ausstellungen kuratiert – in Frankreich, aber immer auch in Österreich. „Das war mein Leitmotiv: Dass ich Österreich nicht zurücklassen wollte.“ Nun ist sie zurück. „Es ist nicht mehr die Stadt wie damals, als ich weggegangen bin. Und vor allem: Es verändert sich noch. Es ist keine Stadt, die schon festgefahren ist und wo jeder Quadratzentimeter so teuer ist, dass es sich kaum ein Kreativer leisten kann.“ Ihr Mann, Franzose und Künstler, schwelge in Wien denn auch im Glück: „Er hat nach nur drei Wochen ein prachtvolles Atelier gefunden.“

Das repräsentative Artcurial-Büro will Messensee nach dem Vorbild des Stammhauses an der Ecke Champs-Élysées/Avenue Montaigne nutzen. Das nämlich sei „ein Ort, wo Kultur stattfindet“. Es gehe ihr darum, „eine Art Salon zu schaffen, wo Leute, die sich für etwas passionieren, auf andere mit der gleichen Leidenschaft treffen. Wenn uns dann jemand etwas verkauft, ist das ein positiver Nebeneffekt.“

ZUR PERSON

Caroline Messenseestudierte Kunstgeschichte in Wien und an der Sorbonne. Sie arbeitete in Pariser Galerien und kuratierte Ausstellungen, machte etwa Richard Gerstl und Herbert Boeckl in Frankreich bekannt. Seit zwei Jahren arbeitet sie für das Auktionshaus Artcurial, das sich mit Christie's und Sothebys in Frankreich die Spitzenposition teilt. Die Wiener Repräsentanz ist das dritte Auslandsbüro. Man zielt auf „höchste Qualität“, ein magazinartiger Katalog listet aber auch Günstigeres ab einigen hundert Euro Ausrufungspreis.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.09.2014)

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