Zu zweit am Herd im Vestibül: "Hummerkrautfleisch bleibt so"

Pfeiffer, Domschitz
Pfeiffer, Domschitz(c) http://www.vestibuel.at
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Zweimal zwei Hauben heißt es ab sofort im Burgtheater: Christian Domschitz wird künftig gemeinsam mit Jacqueline Pfeiffer kochen.

"Bei uns sind nicht so viele Franzosen. Eher russische Gäste“, sagt Jacqueline Pfeiffer nachdenklich, als sie mit buntem Schal und in Zivil am Wochenende vor ihrem Amtsantritt im Restaurant Vestibül sitzt. Das „Uns“, das „Wir“ kommt der Köchin noch ganz selbstverständlich über die Lippen – wenn sie vom Le Ciel spricht. Kein Wunder, in jenem Restaurant im Grandhotel am Kärntner Ring ist sie bis vorigen Sommer satte zwölf Jahre in der Küche gestanden, hat zeitweise drei Hauben tragen dürfen, zuletzt zwei.

Das neue „Wir“ und das neue „Uns“ sind ebenfalls am Ring beheimatet, aber ein gutes Stück weiter: im rechten Flügel des Burgtheaters. Hier, im Restaurant Vestibül, kocht Jacqueline Pfeiffer mit 1.März an der Seite von Christian Domschitz. Zweimal zwei Hauben werden hier also quasi zusammengefasst, „um die Marke Vestibül zu stärken“, wie Domschitz sagt. Und: „Um die nächste Frage vorwegzunehmen: Nein, das Hummerkrautfleisch wird nicht angetastet.“ Nach Domschitz' luxuriösem Signature Dish, auf das der Koch so stolz ist, verlangten die Gäste schon im Schwarzen Kameel, seiner vorigen Wirkungsstätte.

Christian Domschitz hat nach diversen Personalrochaden im Vestibül, das er gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin, Veronika Doppler, führt, gezielt jemanden Zweiten gesucht. Gleichrangig als zweiten Küchenchef. Geworden ist es eine Küchenchefin. „Ich könnte bei Weitem nicht mit jedem zusammenarbeiten. Und ja, ich glaube, mit einer Frau ist es einfacher.“

Wenige Spitzenköchinnen

Jacqueline Pfeiffer hat sich die Sache nicht lang überlegen müssen. Nachdem sie das Le Ciel im August 2014 auf ihren Wunsch verlassen hat, um einmal etwas andere Luft schnuppern zu können, hat sie Abstand gewonnen. „Viel nachgedacht, ausprobiert, aber eigentlich keine Restaurants im Ausland besichtigt“, wie das viele Köche auf der Suche nach Neuem tun.

Pfeiffer ist eine von ganz wenigen Küchenchefinnen in der Spitzengastronomie – und stand dennoch nie allzu sehr im Rampenlicht. Sicher, dann und wann war sie mit einem der typischen Stirnbänder, von dem sie viele verschiedene hat, in den Medien zu sehen. Die großen Auftritte, das Laute, sind aber nicht ihr Stil.

Christian Domschitz und Jacqueline Pfeiffer kannten sich von diversen Jurysitzungen sowie von einem gemeinsamen Frauenabend „im Kameel“, erinnern sich die beiden unisono. „Und wir haben noch eine Gemeinsamkeit“, sagt Domschitz, „wir waren beide in der Schweiz, standen beide vor der Entscheidung: Dort bleiben oder zurückkehren? Wie man sieht, sind wir jetzt beide hier.“

Zwei gleichrangige Küchenchefs – das ist eine Konstellation, die es nicht allzu oft gibt, auch den beiden fällt so schnell niemand ein. Vor allem kein Duo, das nicht familiär verbandelt ist wie ehemals Walter Eselböck und Schwiegersohn Alain Weissgerber im Taubenkobel oder Vater und Sohn Helmut und Philipp Rachinger im Mühltahlhof (die übrigens gerade zum Avantgarde-Kochfestival Omnivore in Paris eingeladen wurden). „Wir kochen gemeinsam. Es ist ein gemeinsamer Weg, der eine gibt dies dazu, die andere das. Wir werden auf der Karte nicht anführen, was von wem ist“, erklärt Christian Domschitz das Miteinander. „Denn da kenne ich die Wiener: Wenn dann einmal 60Prozent Jacqueline Pfeiffer draufstehen, fragen mich die Leute: ,Herr Domschitz, haben Sie nichts zu tun?‘“

Zu den vielen französischen Gästen – „ich weiß auch nicht, warum“, so Domschitz – passt Pfeiffers an sich klassisch basierte Linie gut. Ihre geliebten Wildkräuter wird sie wohl einbringen, und Domschitz hat vor, noch mehr Kräuter zu pflanzen. „Gern auch auf dem Dach, aber das ist Sache der Burghauptmannschaft.“

Auch am letzten Februartag, den Jacqueline Pfeiffer in Zivil schnuppernd im Vestibül verbringt, läutet fünf vor halb acht die Glocke, die die Burgtheater-Gäste zur Vorstellung mahnt. Die Köchin hebt erstaunt den Kopf. „Was ist denn das?“ Die Glocke wird sie ab jetzt jeden Arbeitstag begleiten.

ZU DEN PERSONEN

Jacqueline Pfeiffer war bis vorigen Sommer Küchenchefin des Le Ciel im Grandhotel am Kärntner Ring. In den zwölf Jahren dort erkochte sie bis zu drei Hauben, hielt zuletzt konstant bei zwei. Ihre Affinität zu Wildkräutern entwickelte sie unter anderem beim französischen Dreisternekoch Marc Veyrat.

Christian Domschitz führt gemeinsam mit Veronika Doppler das Restaurant Vestibül. Davor war er unter anderem im Restaurant Bauer, im Ambassador und im Schwarzen Kameel. Sein Signature Dish ist das Hummerkrautfleisch.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.03.2015)

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