Wenn Katzen die Arena stürmen

(c) Valerie Voithofer (Voithofer Valerie)
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Marija Milovanovic und Julia Fabrick laden am Samstag zum Katzenvideofestival. Erstmals mit Fotowettbewerb und einem Catwalk für Kostümierte.

Lil Bub hat einen Gendefekt, weshalb ihr die Zunge immer aus dem Maul hängt. Was immer sie auf ihren zu kurzen Beinen anstellt, wird auf YouTube von hunderttausenden Menschen verfolgt. Gleiches gilt für Maru aus Japan, die dafür berühmt ist, sich in jeden Behälter hineinzuquetschen. Henri, le Chat Noir, ist Existenzialist und Star seiner eigenen Kurzfilme. Und Grumpy Cat, die wohl berühmteste aller berühmten Katzen, hat ihren eigenen Manager, Merchandising-Produkte und verzieht selbst dann nicht die grantige Miene, wenn Fans bei Autogrammstunden vor Begeisterung kreischen. Wie beim Internet Cat Video Festival in Minneapolis.

In der Wiener Arena, wo heute das Partnerfestival des amerikanischen Originals stattfindet, ist mit keinem Besuch einer leibhaftigen Celebrity Cat zu rechnen. Dafür werden umso mehr von ihnen über die Leinwand tapsen. Merchandising-Produkte gibt es erstmals auch. „Auf vielfachen Wunsch hin“ haben Kuratorin Marija Milovanovic und Julia Fabrick von der Kurzfilm-Agentur Vienna Shorts Taschen, Blöcke, Bierdeckel und Pickerln mit dem heurigen Sujet ihres Cat-Video-Festivals bedrucken lassen.
Zur dritten Auflage haben die beiden mehr zu tun denn je. Bereits im Vorfeld gab es via Facebook einen Fotowettbewerb; der Gewinner wird heute Abend bekannt gegeben. In der Jury saß unter anderem Schauspielerin (und Katzenbesitzerin) Sabrina Reiter, der Gewinner bekommt das Konterfei seines Tiers als Postkarte – und dank Sponsor Whiskas einen Jahresvorrat Katzenfutter. Daneben gibt es heuer auch einen Catwalk. Teilnehmer sind eingeladen, ihre kreativsten Katzenkostüme und -masken auf dem Laufsteg zu zeigen, das Publikum entscheidet per Applaus. Wenn man sich fragt, ob da überhaupt mit Teilnehmern zu rechnen sei, winken Milovanovic und Fabrick ab. Die Idee rühre schließlich daher, dass im Vorjahr so viele Leute verkleidet gekommen sind. „Also haben wir uns gedacht, wenn die Menschen das sowieso machen, wieso sollen wir sie nicht belohnen?“

Hundezone der Katzenbesitzer

„Ein Phänomen der Popkultur“, nennt Kuratorin Milovanovic den Katzenhype, der nebenbei „zu einer Industrie“ geworden sei. Den Videos ist die Besitzerin eines zugelaufenen Katers freilich selbst nicht ganz abgeneigt. Sie habe immer schon gern Cat Content gesehen, sagt sie. Inzwischen tut sie es beruflich täglich – und erfreut sich immer noch daran.

Generell, sagen Milovanovic und Fabrick, habe sie der Erfolg des Festivals „schon sehr überrascht“. Übernommen hatten sie die Idee vom Walker Art Center in Minneapolis, das – auf Publikumsanregung hin – 2012 das erste Festival veranstaltet hat, mit 10.000 Besuchern und weltweiten Schlagzeilen. Dabei ist das gemeinsame Anschauen von Internetvideos sogar paradox, folgt man der Argumentation von Scott Stulen, dem Organisator in Minneapolis. Ihm zufolge könne man das Internetphänomen nicht zuletzt auf den Charakter von Katzenliebhabern zurückführen, die, wie ihre Tiere, nicht ausgeprägt sozial seien – und sich lieber online austauschten: das Internet als Hundezone der Katzenbesitzer. Gerade den sozialen Aspekt sieht Stulen daher als Schlüssel eines Katzenvideofestivals. Neben dem Spaß will er auch einen kleinen kritischen Blick auf das Phänomen werfen: „Was bedeutet es für unsere Gesellschaft, dass diese Art von Inhalt so populär ist?“

Ein wenig mehr Kunst wollen auch die Wiener Organisatorinnen bieten. Weshalb es neben wackeligen Handyvideos etwa Katzenszenen von Künstler Johan Rijpma gibt, der auch schon am Vienna-Independent-Shorts-Wettbewerb teilgenommen hat. Für Verwunderung sorgt Milovanovic freilich bis heute, wenn sie wegen der Rechte mit ihrem Anliegen bei Filmfirmen vorspricht. Aber auch sie selbst staunt immer wieder. Gerade habe sie einen Filmfestival-Kollegen getroffen, den man für sein Faible für Heavy Metal und düstere Filme kennt. Im Katzen-T-Shirt – und mit dem Geständnis, er sei heute zum dritten Mal dabei.

Auf einen Blick

Das Cat Video Festival Vienna, organisiert von Vienna Independent Shorts, findet heute Abend in der Arena zum dritten Mal statt. Zur Premiere 2013 kamen 1500 Gäste, im Vorjahr 1700. Es gibt einen fünfteiligen Videoblock, davor wird der Sieger eines Postkartenwettbewerbs geehrt. Die DJs Agathe Bauer und 13A sorgen für einschlägige Musik. Kostüme sind erwünscht und dürfen auf den Catwalk. Erstmals gibt es eigene Merchandising-Produkte. Arena Wien, ab 18 Uhr, Eintritt frei.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.08.2015)

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