Seid nett zu den Hustenden, auch wenn sie nerven

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Es gibt kaum ein unerträglicheres Geräusch als Reizhusten. Er stigmatisiert aber auch den Huster.

Husten kann etwas Befreiendes haben. Ein besseres Räuspern, nach dem der Hals wieder frei ist. Und das nicht weiter auffällt. Doch ist Husten bekanntlich nicht Husten. Und gerade in dieser unsinnigen kalten Jahreszeit (Make Summer great again! Auch jetzt schon!) lässt so mancher seine Bronchien regelrechte Konzerte spielen. Menschen, die diesen unproduktiven Husten – gemeint ist, dass dabei keine Sekrete aus den Atemwegen ausgestoßen werden – mit sich herumschleppen, ernten in der Straßenbahn ähnliche Blicke wie Eltern unablässig schreiender Babys, also irgendwo zwischen genervt und vorwurfsvoll. Ja, so bitte tu doch endlich etwas dagegen. Zugegeben, das Geräusch nervt, ähnlich wie das Tropfen eines Wasserhahns, der sich nicht abstellen lässt, wie der Presslufthammer am Morgen von der Baustelle vor dem Fenster und immerhin fast so sehr wie diese schrillen Werbespots für Rubbellose nach der „Zeit im Bild“.

Der Hustende weiß das. Peinlich berührt versucht er, den Reiz wegzuschlucken, dreht sich in eine Richtung, wo möglichst niemand steht – schwierig in einer voll besetzten Straßenbahn – und kann dann doch nicht anders. Ein Huster nach dem anderen verpufft in der vorgehaltenen Hand. Der Bauch schmerzt schon vom dauernden Verkrampfen. Dann der entschuldigende Blick in die Runde – tut mir leid, Leute, mir wäre auch lieber, ihr müsstet euch das nicht anhören. Und nein, es sagt niemand etwas. Es wird geschwiegen, betreten weggesehen, vielleicht mit den Augen gerollt. Aber überall schwingt ein Vorwurf mit. Und es wäre allen wohler, wäre man jetzt nicht hier. Am besten wäre ja einfach daheim bleiben – nur, dass sich so ein trockener Husten ziemlich ziehen kann. Ein paar Wochen, angeblich. Ist schon recht! Aber wartet nur, wenn ich wieder gesund bin, dann huste ich euch allen was!

E-Mails an: erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.01.2017)

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