Gemeinnützig stiften die Österreicher einfach nicht gern

Österreich ist weit davon entfernt, ein Philanthropiestandort zu werden. Die neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen bewähren sich nicht.

Gemeinnützige Stiftungen waren bisher nicht so sehr das Thema, für das sich die Österreicher brennend interessiert haben. Dank Erwin Pröll, des baldigen Ex-Landeshauptmanns von Niederösterreich, fragen sich heute schon mehr Menschen, was eine gemeinnützige Stiftung ist – und vor allem, wann sie sich gemeinnützig nennen darf.

Zum guten Image von gemeinnützigen Stiftungen hat jene von Erwin Pröll jedenfalls nicht beigetragen. Dabei wünscht sich der Staat ja sehnlich mehr gemeinnützige Stifter, um Österreich doch zu einem Philanthropiestandort zu machen. Mit dem Gemeinnützigkeitsgesetz BStFG 2015, das genau vor einem Jahr in Kraft getreten ist, wollte er den einen oder anderen wohlhabenden Bürger mit Steuervorteilen motivieren, gemeinnützig zu stiften.

Zeit für eine Zwischenbilanz: „Zu den Vorteilen des neuen Gesetzes gehört es, dass der stiftungsrechtliche Gemeinnützigkeitsbegriff der steuerrechtlichen Gemeinnützigkeit folgt“, sagt Martin Schauer, Professor für Zivilrecht an der Uni Wien. „Durch die Einbindung der Finanzbehörde in das Gründungsverfahren ist sichergestellt, dass eine Gemeinnützigkeit im steuerrechtlichen Sinn tatsächlich vorliegt.“

Damit sind jedoch die positiven Punkte im Zusammenhang mit diesem Gesetz auch schon genannt. „Zu seinen Schwächen gehört die schlechte legistische Qualität“, kritisiert Schauer. So hat das Gesetz nicht einmal eine Formpflicht für die Gründungserklärung vorgesehen. Theoretisch könnte also eine Stiftung bloß durch mündliche Erklärung errichtet werden. „Praktisch kann dieses Defizit dazu führen, dass zwar ein schriftliches Dokument vorliegt, aber später darüber gestritten wird, ob der Stifter noch mündliche Zusatzerklärungen abgegeben hat“, so Schauer. Nach dem Privatstiftungsgesetz kann es zu diesem Konflikt nicht kommen, denn dort braucht man für jede Zusatzerklärung einen Notariatsakt.

Für fragwürdig hält Schauer ein bestimmtes Element der Stiftungsgovernance: Insichgeschäfte des Stiftungsvorstands werden unter bestimmten Voraussetzungen vom Prüforgan gebilligt. „Das bedeutet, dass jenes Organ, das für die Prüfung der Geschäftsführung zuständig ist, zugleich an der Geschäftsführung selbst beteiligt ist!“ Unklar sind auch die Aufgaben und Pflichten der Stiftungsaufsichtsbehörde. Das könne unter Umständen auch zu amtshaftungsrechtlichen Konsequenzen führen, betont Schauer.

Sein Fazit: Der bisherige Erfolg der neuen Stiftung fällt verhalten aus. Das erstaunt den Stiftungsrechtsexperten nicht, zumal er die steuerrechtlichen Rahmenbedingungen für gemeinnützige Stifter wenig attraktiv hält. Die Zahlen sprechen für sich: Seit 1. 1. 2016 wurden lediglich fünf solcher gemeinnützigen Stiftungen ins Register eingetragen.

E-Mails an:judith.hecht@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.01.2017)

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