Juraczka vs. Gudenus: "Der Islam kann sich nicht anpassen"

(c) Clemens Fabry
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Was unterscheidet die Wiener ÖVP und FPÖ bei der Integration? Manfred Juraczka und Johann Gudenus über die Grenzen des Rechtsstaats, des guten Tons und über einen möglichen Bürgermeister Strache.

Die Presse: Wie definieren Sie beide Integrationsunwilligkeit?

Manfred Juraczka: Ich denke vor allem an den schulischen Bereich. Da geht es um ein Nichthalten an Regeln, das man aber auch bei autochthonen Österreichern antreffen kann: mangelnder Respekt für Lehrerinnen, keine Reaktion auf Einladungen der Schule, Nichtteilnahme am Schwimmunterricht. Man muss aufzeigen, dass das nicht zu unserem Wertekostüm passt.

Johann Gudenus: Schule ist wichtig, aber auch Deutschlernen generell – beim Spracherwerb wird der Integrationswille messbar. Bei Muslimen geht es auch um Imame, die predigen, dass die Scharia über unserer Rechtsordnung steht.

Juraczka: Im neuen Islamgesetz ist doch schon klar geregelt, dass Religionslehrer, die straffällig werden, entlassen werden müssen.
Gudenus: Wir haben dem Islamgesetz wegen seiner Zahnlosigkeit nicht zugestimmt.

Sie haben Beispiele für Integrationsunwilligkeit genannt. Aber eine Definition, die für ein Gesetz taugt, war das nicht.

Gudenus: Das ginge nicht. Man müsste in einzelnen Bereichen Normen festschreiben.

Zum Beispiel?

Gudenus: Etwa den Entzug der Familienbeihilfe, wenn die Eltern in der Schule nicht kooperieren.

Das würde auch autochthone Österreicher treffen. Warum wird nur unter dem Label Integrationsunswilligkeit diskutiert?

Juraczka: Man könnte es auch Kooperationsunwilligkeit nennen. Es geht bei Integration generell mehr um soziale als um ethnische Konflikte. Wenn man Kindern von Zuwanderern in der Bildung alle Chancen gibt, hat man später weniger Probleme.

Gudenus: Man lügt sich in den Sack, wenn man behauptet, dass es kein Integrationsproblem gibt, nur weil einige Österreicher auch den Tatbestand erfüllen – wobei man fragen müsste, ob die nicht Migrationshintergrund haben. Überhaupt muss man über Massenzuwanderung reden. Wir brauchen keine Zuwanderung aus muslimischen Ländern, wir brauchen Leute, die was bringen und uns nicht nur auf der Tasche liegen.

Richten Sie gerade Zuwanderern z. B. aus der Türkei aus, dass sie Österreich nicht braucht?

Gudenus: Man muss vielleicht ergänzen: ausgenommen Leistungsträger. Trotzdem bleibt ein Problem: Der Islam kann sich an europäische Werte nicht anpassen. Eher wird Europa islamisiert als der Islam europäisiert.

Juraczka: Sie vermischen da jetzt viele Dinge – von Asyl bis Zuwanderung. Ja, man muss Jihadisten in die Schranken weisen. Aber man kann eine Weltreligion nicht unter Pauschalverdacht stellen. Die FPÖ plakatiert „Daham statt Islam“ und nicht „Daham statt Islamismus“. Das ist pauschal und hilft keinem.

Gehört der Islam zu Österreich?

Gudenus: Nein, auch nicht zu Europa. Österreich ist ein christliches Land, der Islam hat mit uns traditionell nichts zu tun. Wir wollen Religionsfreiheit nicht von Extremisten missbrauchen lassen.

Das heißt, die 500.000 Muslime in Österreich sind Extremisten?

Gudenus: Es gibt viele, die sich integriert haben. Aber laut Studien funktioniert die Integration muslimischer Zuwanderer schlechter. Daher wollen wir bei der außereuropäischen muslimischen Zuwanderung nur Leistungsträger.

Und gehören muslimische Österreicher zu Österreich?

Gudenus: Solange sie sich an die Rechtsordnung halten und die Religionsfreiheit so ausüben, wie sie normiert ist, ist das in Ordnung.

Ist das ein Ja?

Gudenus: Es ist, wie ich gesagt habe.

Warum fällt es Ihnen so schwer, einfach Ja oder Nein zu sagen?

Gudenus: Ich glaube, Sie haben mich schon verstanden.

Herr Juraczka, gehört der Islam für Sie zu Österreich?

Juraczka: Gut integrierte Muslime gehören selbstverständlich zu Österreich. Kulturell betrachtet, haben Christen- und Judentum Europa aber stärker geprägt als der Islam.

Beim Thema Islam sehen Sie aber beide große Probleme?

Juraczka: Wir schlagen konkrete Lösungen vor und setzen sie, Beispiel Islamgesetz, um. Die FPÖ zeigt Probleme auf, aber sie vergrößert sie durch ihre Diktion. Ich bin der Letzte, der die rot-grüne Wiener Regierung verteidigt, aber zu sagen, dass sie ihre Befehle direkt aus Ankara erhält, wie Sie, Herr Gudenus, gesagt haben, das geht nicht.

Gudenus: Wir könnten umgekehrt der ÖVP vorwerfen, dass sie (im Bund) zu lang zugesehen hat und jetzt kosmetische Law-and-Order-Politik macht.

Zuletzt haben sich Angriffe auf Muslime gehäuft. Müsste man nicht auch sie schützen?

Juraczka: Wir müssen aufpassen, dass wir keine Glaubenskriege mitten in Europa haben. Es mehren sich Übergriffe gegen Muslime, aber auch gegen jüdische Mitbürger. Wir müssen deeskalieren.


Wie?

Juraczka: Indem man allen vermittelt, dass man gläubiger Muslim und Österreicher sein kann.

Gudenus: Ich verwehre mich dagegen, dass es Hetze ist, wenn man Sachen nur beim Namen nennt. Und mir fehlen die Zahlen zu steigender Islamfeindlichkeit.

Die Polizei misst es nicht, aber medial wurde einiges berichtet.

Gudenus: Dazu muss man ergänzen, dass z. B. der Antisemitismus wegen der steigenden Islamisierung zunimmt.

Juraczka: Extremismus lehnen wir alle ab. Von der FPÖ gab es aber eine Aussage, wonach alle, die schon unter Verdacht stehen, interniert werden müssten. Ich kann doch nicht jeden, der vom Flughafen kommt, auf Verdacht in ein Lager stecken.

Gudenus: Gegenüber Jihadismus und Salafismus hört es sich mit der Feinheit auf.

Juraczka: Wir sind ein Rechtsstaat.

Gudenus: Wir sollten uns überlegen, ob wir diese übertriebene Toleranz beim Jihadismus nicht ablegen sollten. Wir fordern eine Beweislastumkehr. Die Person soll beweisen, dass sie nicht im Jihad war.

Juraczka: Wie soll ich das beweisen? Das ist ja unmöglich.

Man kehrt ein Prinzip des Strafrechts einfach um?

Gudenus: Angesichts der elementaren Gefahr sollten wir unsere Rechtsordnung umstellen, um zu zeigen, dass wir uns wehren. Wir verstecken uns viel zu sehr hinter unserer Rechtstradition.

Juraczka: Das halte ich für schwer problematisch.

Würde die FPÖ bei der Wahl so stark zulegen, dass sich eine Koalition ausgeht, würden Sie Strache zum Bürgermeister machen?

Juraczka: Eine Koalition ist keine Liebesheirat, sondern beruht auf einem Arbeitsprogramm. Wir schließen niemanden aus.

ZU DEN PERSONEN

Manfred Juraczka, geboren am 16.Jänner 1969 in Wien, ist seit 25.Februar 2012 Landesparteiobmann der ÖVP Wien. Von 2007 bis 2010 war er stellvertretender Bezirksvorsteher der ÖVP in Hernals.

Johann Gudenus,
geboren am 20. Juli 1976 in Wien, ist seit 2005 Abgeordneter zum Wiener Landtag und seit 2010 Klubobmann der Wiener Freiheitlichen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.03.2015)

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