Ex-Frau belastet den Amokfahrer

Alen R. am Dienstag vor Gericht
Alen R. am Dienstag vor GerichtAPA/ERWIN SCHERIAU/APA-POOL
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Tag sechs im Grazer Amokfahrer-Prozess: Die Ex-Frau des Täters trat unter Tränen in den Zeugenstand. Und verriet dem Gericht, dass Alen R. ein Schauspieler sei.

Graz. „Er hat mich bedroht – mit Waffen. Er hat mich auch geschlagen, auch als ich schwanger war.“ Dies sagte am Dienstag die geschiedene Frau des Grazer Amokfahrers Alen R. als Zeugin aus. Sie sei auch von der Mutter des 27-Jährigen schlecht behandelt worden, die beiden hätten sie „gezwungen, dass ich Kopftuch trage“. – „Hat er Sie gezwungen, die Burka zu tragen?“, wollte der vorsitzende Richter, Andreas Rom, ergänzend wissen. Antwort der früheren Frau des Amokfahrers: „Ja, er wollte auch noch andere Frauen heiraten.“

Derart beklemmende Dialoge prägten den sechsten Tag der Gerichtsverhandlung zur blutigen Amokfahrt durch die Grazer Innenstadt vom 20. Juni des Vorjahrs, bei der drei Menschen getötet worden waren und Dutzende andere zum Teil schwerste Verletzungen erlitten hatten. Da bei Alen R. von einem Toxikologen der Konsum von Cannabis nachgewiesen worden war und auch einer der drei Gerichtspsychiater meinte, die Amokfahrt sei unter Drogeneinfluss vorgenommen worden, fragte nun eine der beiden beisitzenden Richterinnen die Ex-Frau: „Hat Alen R. regelmäßig Cannabis geraucht?“ Die Zeugin: „Seit der Geburt meines ersten Sohnes regelmäßig.“ – „Wie war er, wenn er Cannabis geraucht hat?“ – „Er war aggressiv. Wenn ich etwas fragte, dann habe ich gleich einen Schlag bekommen.“

Mit der Machete unterwegs

Frau R. schilderte auch, dass ihr Ex-Mann eine Woche lang von Kalsdorf mit dem Bus und der Straßenbahn nach Graz gefahren sei. Dabei habe er immer eine Machete dabeigehabt, deren Griff aus der Laptoptasche herausgeragt sei. Der Richter ersuchte die Zeugin: „Sagen Sie uns, was ist Ihr Ex-Mann für ein Mensch ist!“ Die Frau erklärte: „Ich habe mit ihm vier Jahre gewohnt. Er macht ein Schauspiel, es ist ein Machospiel.“ Sein Verhalten vor Gericht stufte die junge Frau so ein: „Ich kenne ihn sehr gut. Er hat das von seiner Mutter gelernt, die ist auch eine gute Schauspielerin.“ Weil die Mutter des Amoklenkers ebenfalls in einer Grazer Nervenklinik in Behandlung gewesen ist, hat der Richter veranlasst, dass deren Krankenakte beigeschafft wird.

R. und die nunmehrige Zeugin – sie war seine zweite Frau, die beiden haben zwei kleine Kinder – waren eben vier Jahre verheiratet. Anfang 2016 kam die Scheidung. Auch Opfer traten am Dienstag erneut in den Zeugenstand, ein Mann, der schwerst verletzt worden war, bezeichnete das bewusste Zufahren auf Menschen als „Mordanschlag“. Am Mittwoch geht der Prozess in das Finale. Nachdem der Psychiater Peter Hofmann, einer der drei psychiatrischen Gerichtssachverständigen, bereits am Montag seine Schizophrenie-Diagnose erklärt hat, sollen an Tag sieben zwei weitere Psychiater den Geschworenen ihre Expertisen erläutern. Auch eine Psychologin wird zu Wort kommen. Das Urteil könnte noch am Mittwoch oder am Donnerstag gefällt werden.

''Presse''-Liveticker

Der Prozess wird am Mittwoch um 9 Uhr fortgesetzt. Dann werden die beiden psychiatrischen Gutachter Manfred Walzl und Jürgen Müller sowie die Psychologin Anita Raiger am Wort sein. Wir berichten ab 9 Uhr live aus dem Grazer Straflandesgericht.

(m.s./APA)

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