Fährunglück vor Südkorea: Chef der Reederei verhaftet

Hinterbliebene der Opfer
Hinterbliebene der Opfer APA/EPA/YONHAP
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Dem Mann soll die Überladung der Fähre "Sewol" angeordnet oder zumindest davon gewusst haben. Ihm wird fahrlässige Tötung vorgeworfen.

Gut drei Wochen nach dem Untergang der südkoreanischen Fähre "Sewol" haben die Ermittler den Reedereichef unter dem Verdacht der fahrlässigen Tötung festgenommen. Sie werfen Kim Han Sik von Chonghaejin Marine vor, die Überladung der Fähre angeordnet oder zumindest davon gewusst zu haben, bevor das Schiff am Vorabend des Unglücks in See stach.

Er bitte die Familien der Unglücksopfer um Entschuldigung, sagte Kim am Donnerstag vor dem Büro der Küstenwache im südlichen Mokpo. Zu den Vorwürfen äußerte er sich nicht.

30 gelten weiterhin als vermisst

Die Fähre war am 16. April mit 476 Menschen an Bord vor der Südwestküste Südkoreas gekentert. Bisher wurden die Leichen von fast 270 Menschen aus dem Wrack und der Umgebung geborgen. Es galten noch über 30 Insassen als vermisst.

In der Hauptstadt Seoul demonstrierten Studenten gegen die Regierung des Landes, der sie eine Mitschuld an dem Unglück gaben. Dabei kam es zu teilweise heftigen Auseinandersetzungen mit der Polizei.

Sollte sich der Verdacht gegen Kim erhärten, droht dem Reedereichef bei einer förmlichen Verhaftung unter anderem eine Anklage wegen fahrlässiger Tötung und Verstoßes gegen Sicherheitsvorschriften für Schiffe, wie südkoreanische Medien unter Berufung auf die Staatsanwaltschaft berichteten. Vier Angestellte des Unternehmens sitzen bereits in Untersuchungshaft.

Überladung und Umbauten

Die Ermittler vermuten, dass eine Überladung und frühere Umbauten an der 20 Jahre alten Auto- und Personenfähre das Unglück mitverursacht haben. Dem Betreiber der "Sewol" wird vorgeworfen, die Fähre in der Vergangenheit aus Profitgier regelmäßig überladen zu haben.

Auch der Kapitän und die anderen 14 leitenden Crewmitglieder sind in U-Haft. Sie werden beschuldigt, die Passagiere auf dem sinkenden Schiff im Stich gelassen zu haben. Nur 172 Menschen wurden nach Angaben der Behörden gerettet. Die meisten Insassen waren Jugendliche auf einem Ausflug zur südlichen Urlaubsinsel Cheju. Das Meeresministerium will Chonghaejin Marine die Lizenz für die Strecke zwischen der westlichen Küstenstadt Inchon und Cheju entziehen.

Die Bergungsarbeiten am Wrack wurden nach den Berichten südkoreanischer Sender am Donnerstag von hohen Wellen erschwert. Bei den geplanten Tauchgängen sollten weitere Gänge und Kabinen des Schiffs durchsucht werden, wo die meisten Passagiere eingeschlossen wurden. Um das Wrack wurden Netze ausgeworfen, um zu verhindern, dass weitere Leichen von der Strömung abgetrieben werden. Ein Rettungstaucher war am Dienstag ums Leben gekommen. Bei einem Tauchgang zum Schiff hatte er das Bewusstsein verloren.

(APA/dpa)

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